082 – Corona: Veranstaltung abgesagt -> Stornogebühr fällig?
Eine Franchisegeberin wandte sich an mich mit einer konkreten rechtlichen Fragestellung. Mit dem Rechtsanwalt Andreas Frings von Busse & Miessen habe ich mich darüber unterhalten, weil solche Fälle derzeit viel diskutiert werden: Aufgrund der Corona-Krise werden Veranstaltungen abgesagt. Sie dürfen nicht stattfinden. Häufig wird trotzdem eine Stornogebühr von X% verlangt, was häufig als nicht fair empfunden wird. Wie sieht dafür die rechtliche Grundlage in diesen Zeiten aus?
(Audio 21:12 Min)
Im Kern sollte man sich einmal anschauen, was eigentlich vorliegt: Ein Vertrag, der aus Leistung und Gegenleistung besteht. Die Leistung wird z.B. von dem Veranstalter versprochen, dort ausstellen zu dürfen. Als Gegenleistung erhält er z.B. eine Standgebühr.
Ob diese Gebühr im Voraus schon gezahlt wurde oder nicht, ist weniger bedeutsam. Allenfalls für das Machtverhältnis, denn wer das Geld gerade vorliegen hat, wird es in Zeiten von Liquiditätsengpässen wahrscheinlich nur zögerlich der Gegenseite zur Verfügung stellen.
Sagt zum Beispiel ein Veranstalter die Großveranstaltung ab, erbringt er die von ihm versprochene Leistung nicht. Der Leistungsempfänger wäre aber wahrscheinlich weiterhin bereit, die Leistung weiterhin in Anspruch zu nehmen. Lässt man individuelle AGBs außen vor, darf der Leistungsempfänger deshalb von dem Vertrag zurücktreten und die Pflicht zur Zahlung entfällt. Irrelevant ist, ob der Veranstalter für den Ausfall “Schuld” trägt. Höhere Gewalt oder ähnliches ist im ersten Schritt nicht von Belang.
Verschieben ist das Angebot einer “Änderungsvereinbarung” und Bedarf Zustimmung
Das “Verschieben” der Leistung auf eine Zeit nach der Krise ist nichts Anderes als das Angebot zur Veränderung des Vertrages. Dem kann der Leistungsempfänger zustimmen, muss er aber nicht. Dieser Vorschlag wird derzeit sehr häufig unterbreitet. Unter Umständen stimmt der Leistungsempfänger einer solchen Änderungsvereinbarung zu, ohne dass er es merkt.
Mit AGBs ist eine Bewertung im Einzelfall notwendig
Etwas komplizierter wird es, wenn eigene AGBs vorliegen, die die Rückzahlungspflicht regeln. Sehr allgemein gehaltene Klauseln können unwirksam sein. Wird für unverhersebare und unverschuldete Fälle die Fälligkeit eines Teils der Gebühr in den AGBs beschrieben, könnte die Vertragsklausel wirksam sein. Dies ist im Einzelfall anhand der Formulierung rechtlich zu betrachten und kaum allgemeingültig zu beantworten.
Empfehlung
Empfehlung ist, nach Möglichkeit das Gespräch mit dem Veranstalter zu suchen. Auf stur zu schalten macht wenig Sinn, denn letztlich hat derjenige die Macht, wo das geforderte Geld gerade liegt. Da eine Zahlung oder Rückzahlung womöglich sich über Monate hinziehen würde – um die eigene Liquidität zu schonen – kann es sinnvoller sein, im Gespräch eine gemeinsame Vereinbarung zu finden. Vielleicht ist eine Verschiebung gar nicht so schlecht und man kann versuchen, noch einen zusätzlichen Anreiz on top zu bekommen (größere Standfläche, Premium-Paket etc.), der der anderen Seite jetzt gerade in der Krisenzeit kein zusätzliches Geld kostet.
Übertragen lässt sich der Fall, wenn “ich” eine Leistung verspreche (z.B. Tagungsgebühr) und dafür eine Gegenleistung erhalte (z.B. Seminarraum mit Verpflegung). Sage ich die Veranstaltung ab, aber die Gegenseite wäre weiterhin in der Lage die Gegenleistung zu liefern – kehrt sich das oben beschriebene Prinzip um.
Ist aber z.B. ein Hotel wegen Schließung gar nicht in der Lage, die Gegenleistung zu erbringen, sind wir wieder im oben beschriebenen Szenario.
Shownotes
Busse & Miessen: www.busse-miessen.de