Das Internet – verfluchter Segen?
Während einerseits das Internet für Unternehmen und damit auch für Franchisesysteme und deren Franchisenehmer zahlreiche Chancen bietet, sind dort andererseits Fehler im Außenauftritt besonders leicht auffindbar. Es reicht aus, in einer Suchmaschine im Internet die Bezeichnung des Franchisesystems einzugeben und anschließend in aller Ruhe zu recherchieren, ob nicht beispielsweise unwirksame und damit wettbewerbswidrige Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, aktuelle Änderungen in dem Franchisesystem auf einer Internet-Seite noch nicht aufgearbeitet oder fälschlicherweise Alleinstellungsmerkmale wie „das größte System“ etc. behauptet werden.
1. Die folgenschwere Wechselwirkung zwischen den Außenauftritten von Franchisegeber und Franchisenehmern
Dabei besteht im Rahmen des Wettbewerbs- und Markenrechts eine Wechselwirkung zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer, die dazu führt, dass ein eigentlich von einem der beiden Vertragspartner verursachter Wettbewerbs- oder Markenrechtsverstoß bei dem anderen Systemmitglied zu einer zumindest Kosten verusachenden Abmahnung führen kann.
a) Die Werbe- und Marketingvorgaben seitens des Franchisegebers
Der Franchisenehmer ist bereits deswegen solchen „Angriffen“ von Wettbewerbern, der Wettbewerbszentrale oder Verbraucherschutzverbänden ausgeliefert, da er im Rahmen des Franchisevertrages zumeist verpflichtet wird, die Gestaltungsvorgaben des Franchisegebers hinsichtlich des Internetauftritts und der Werbemaßnahmen zu befolgen. Wenn der Franchisegeber hier Fehler macht, führt dies dazu, dass seine vertragstreuen Franchisenehmer abgemahnt und, wenn sie die geforderte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung nicht abgeben, mit einem einstweiligen Verfügungsverfahren überzogen werden können.
b) Die „Beauftragtenhaftung“ des Franchisegebers
Aber auch der Franchisegeber muss ein etwaig wettbewerbs- oder markenrechtswidriges Verhalten seiner Franchisenehmer fürchten. Grund dafür sind die Vorschriften des § 8 Abs. 2 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) bzw. §§ 14 Abs. 7 und 15 Abs. 6 Markengesetz (MarkenG) in Form der so genannten „Beauftragtenhaftung“. Aufgrund dieser Vorschriften wird dem Franchisegeber das Verhalten seiner Franchisenehmer zugerechnet, d. h. dann, wenn diese unlauter handeln oder fremde Marken verletzen, kann gegen den Franchisegeber ebenfalls vorgegangen werden. Auf ein Verschulden des Franchisegebers oder eine Kenntnis von dem Auftritt des Franchisenehmers kommt es dabei nicht an.
Wenn beispielsweise ein Franchisegeber einen ehemaligen Franchisenehmer abmahnt, da dieser die bisher im Internet bestehenden Verknüpfungen von seinem Unternehmen mit dem Franchisesystem noch nicht beseitigt hat bzw. hat beseitigen lassen, kommt es nicht selten vor, dass eine Gegenabmahnung erfolgt. Diese beruht dann häufig nicht auf einem eigenen wettbewerbswidrigen Verhalten des Franchisegebers, sondern auf einer Nachlässigkeit einer seiner Franchisenehmer. Dabei sollte der Franchisegeber, wenn und soweit sich eine Abmahnung als berechtigt herausstellt, bei der Abgabe der in einem solchen Fall erforderlichen strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungsserklärung besondere Sorgfalt walten lassen. Grund dafür ist, dass ihm dann, wenn ein Franchisenehmer anschließend eine identische oder ähnliche (so genannte kerngleiche) Verletzungshandlung begeht, dies wiederum zugerechnet werden kann, d. h. er nun eventuell sogar eine Vertragsstrafe zu zahlen hat.
2. Aktuelle Entwicklungen bei den Impressumspflichten
Erschwerend kommt hinzu, dass aufgrund der dynamischen Entwicklung des Internets immer wieder neue Fallkonstellationen und Sachverhalte auftreten, mit denen sich die Gerichte noch nicht beschäftigt haben. Es besteht daher in manchen Bereichen keine Rechtssicherheit, welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um die wettbewerbsrechtlichen Anforderungen einzuhalten.
Ein gutes Beispiel dafür sind die so genannten „Impressumspflichten“, die unter anderem auf § 5 Telemediengesetz (TMG) beruhen. Gem. § 5 TMG haben Diensteanbieter für geschäftsmäßige, in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien bestimmte Informationen wie ihren Namen und ihre Anschrift leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten. Obwohl jeder Franchisegeber und –nehmer zwischenzeitlich Kenntnis davon haben dürfte, dass für einen Autritt im Internet ein so genanntes „Impressum“ zu verwenden ist, erfolgen auch in diesem Bereich immer wieder wettbewerbsrechtliche Abmahnungen. Grund dafür ist, dass ein Verstoß gegen diese Informationspflichten gem. § 4 Nr. 11 UWG unlauter, d. h. wettbewerbswidrig, ist.
a) Der Franchisegeber oder der Franchisenehmer als Diensteanbieter?
Problematisch ist, dass es im Rahmen des Betriebs von Internetseiten für Franchisesysteme verschiedene Konstellationen gibt, in denen unklar ist, bei wem es sich überhaupt um den Diensteanbieter im Sinne des § 5 TMG handelt, d. h. ob entweder der Franchisegeber oder der Franchisenehmer in das Impressum aufzunehmen ist.
Es geht hier beispielsweise um die Variante, dass bei manchen Pizzalieferservice-Franchisesystemen die Möglichkeit besteht, dass der Internet-Nutzer auch direkt über die Homepage des Franchisesystems und einen entsprechenden „Filialfinder“ Bestellungen abgeben kann. Eine andere mögliche Konstellation entsteht, wenn ein Franchisesystem aus dem Ausland in die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen von Master-Franchising expandiert. Dabei wird zwar der ausländische Franchisegeber in aller Regel die deutsche Domain auf sich eintragen lassen, allerdings kann für den Inhalt dieser in deutscher Sprache zu gestaltenden Internetseite der deutsche Master-Franchisenehmer zuständig sein. Ein ähnlicher Sachverhalt besteht, wenn der Franchisegeber eine Internetseite für sein Unternehmen und das Franchisesystem betreibt, auf der in entsprechenden Unterseiten die einzelnen Franchisenehmer und deren Betriebe dargestellt werden. Wie relevant die zuletzt genannte Konstellation ist, zeigt die Tatsache, dass sich kürzlich bei einem Franchisesystem sogar die Regierung von Mittelfranken als bayernweit zuständige Aufsichtsbehörde gemeldet und Franchisenehmer unter Androhung der Verhängung einer Geldbuße in Höhe von bis zu 50.000 € zur Einhaltung der entsprechenden Impressumsvorgaben aufgefordert hat.
Zwar existiert, soweit ersichtlich, noch keine auf die dargestellte Thematik passende Rechtsprechung zu der Gestaltung von Internetseiten in Franchisesystemen. Allerdings liegt einem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, das bereits im Jahr 2007 ergangen ist, ein zumindest vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Es ging in dieser Entscheidung um den Internetauftritt eines Filialsystems, bei dem aber die einzelnen Filialbetriebe jeweils von einer eigenständigen Tochtergesellschaft betrieben worden sind, die Betriebe unterschiedliche Waren führten und die gleichen Waren zu unterschiedlichen Preisen anboten. Diese einzelnen Filialbetriebe wurden jeweils auf einer Unterseite zu der Internetpräsenz des Konzerns mit ihren Adressen, allerdings nicht mit sämtlichen nach § 5 TMG erforderlichen Pflichtangaben dargestellt.
Das OLG Frankfurt am Main vertritt die Auffassung, dass es sich bei den auf der Unterseite des Internetauftritts genannten Gesellschaften nicht um Telediensteanbieter handelt, so dass auch dort im Impressum die für die Hauptseite verantwortliche Muttergesellschaft anzugeben war. Die Richter haben im Rahmen einer Gesamtwürdigung eine ausreichende kommunikationsbezogene Eigenständigkeit der Unterseite aufgrund ihrer Einpassung in den einheitlich gestalteten Gesamtauftritt verneint. Argumentiert hat das Gericht im Wesentlichen damit, dass sich die den einzelnen Märkten zugeordneten Unterseiten in das Gesamtbild einfügen würden. Zudem könnten die Unterseiten von den Betreibern der Märkte nicht beliebig gestaltet werden und diese könnten über das Bereithalten des Teledienstes an sich nicht selbstständig entscheiden. Schließlich seien die Unterseiten auch nicht ausschließlich der Präsentation des betreffenden Einzelmarktes gewidmet, sondern es gebe in der Navigationsleiste ein darüber hinausgehendes Angebot von Informationen.
Diese Entscheidung zeigt einerseits, dass ein einheitlicher Werbeauftritt nach außen die Verantwortlichkeit für dessen Gestaltung grundsätzlich „nach oben verschiebt“. Wem zugunsten einer gleichförmigen Gestaltung kaum eigene Gestaltungsmöglichkeiten zugestanden werden, hat auch den Inhalt der Internet-Seite nicht zu verantworten. Allerdings muss immer anhand des Einzelfalls und im Rahmen einer Gesamtwürdigung untersucht werden, ob und inwieweit die Franchisenehmer Einfluss auf die Gestaltung und den Inhalt der Internetseiten nehmen können. Wenn letztlich der gesamte Rahmen von dem Franchisegeber vorgegeben wird und der Franchisenehmer nur Fotos des Innen- und Außenbereich seines Franchisebetriebs oder Kundenbewertungen einstellen darf, ist der Franchisegeber als Diensteanbieter anzusehen und dementsprechend auch in dem jeweiligen Impressum der Unterseiten aufzuführen.
Andererseits bedarf es dann, wenn, wie beispielsweise bei einigen Pizzalieferservice-Franchisesystemen, die Nutzer über die Unterseite Bestellungen aufgeben können, des Impressums des jeweiligen Franchisenehmers. Für die zwischen diesen beiden Konstellationen liegende Gestaltungen besteht eine gewisse Unsicherheit, wie sich Gerichte im Fall von Rechtsstreitigkeiten entscheiden werden.
b) Die Anforderungen bei Social-Media-Aktivitäten
Darüber hinaus ist festzustellen, dass viele Franchisegeber ihren Franchisenehmer bei deren Social-Media-Aktivitäten immer noch nur geringe Gestaltungsvorgaben machen. Dies ist geradezu fahrlässig, denn bei der Werbung über Social-Media mit ihren zahlreichen Möglichkeiten bestehen keine Besonderheiten zu dem sonstigen allgemeinen Wettbewerbsrecht. Auch hier wird am Beispiel der Impressumspflichten deutlich, wie sorgfältig Franchisegeber vorgehen müssen, um sowohl sich als auch ihre Franchisenehmer ausreichend zu schützen. Inzwischen besteht aufgrund einiger Urteile von Landgerichten Klarheit dahingehend, dass Social-Media-Nutzer zu einer Anbieterkennzeichnung i. S. d. § 5 TMG verpflichtet sind, wenn keine rein private Nutzung vorliegt. Dies bedeutet, dass bei Facebook, Twitter etc., ebenso wie bei einer eigenen Internet-Seite, ein Impressum vorliegen muss und die entsprechenden Pflichtangaben unter Bezeichnungen wie „Impressum“ oder „Kontakt“ direkt abrufbar sein sollten. Allerdings zeigt die Tatsache, dass im Jahr 2014 zahlreiche Rechtsanwälte von einem ihrer Kollegen aufgrund fehlender oder nicht ausreichend deutlicher Impressumsangaben auf dem Online-Karrierenetzwerk “XING” abgemahnt worden sind, dass auch in diesem Bereich noch nicht alle möglichen Konstellationen geklärt sind.
c) Maßnahmen zur Risikobegrenzung
Um die dargestellten Risiken zu vermeiden, sollte der Franchisegeber seinen Franchisenehmern einen Leitfaden für Werbemaßnahmen herausgeben, in dem unter anderem auf die bestehenden Impressumspflichten im Internet hingewiesen wird. Selbstverständlich kann dieser Hinweis auch im Rahmen der Social Media Guidelines, die immer mehr Franchisegeber verwenden, erfolgen. Dabei ist es durchaus auch ratsam, den Franchisenehmern zumindest bei den gängigen Plattformen zu zeigen, wo sie welche Eintragungen vorzunehmen haben, um die Anforderungen an eine gesetzmäßige Anbieterkennzeichnung zu erfüllen.
Im Hinblick auf die dargestellten Abwägungsfragen bei der Darstellung der Franchisebetriebe auf Unterseiten des Franchisegebers empfiehlt es sich, eine möglichst eindeutige Variante zu wählen. Dies bedeutet, dass der Franchisegeber im Zweifel möglichst weitgehende Gestaltungsvorgaben für die Unterseiten vornehmen und in diesem Fall sein Impressum verwenden sollte. Wenn er bei etwaigen Abmahnungen auf diese Handhabung hinweist, dürfte das Risiko, dass gegen ihn bzw. seine Franchisenehmer dennoch weiter vorgegangen wird, gering sein. Die Regierung von Mittelfranken hat sich jedenfalls mit einer solchen Auskunft zufrieden gegeben und die Angelegenheit anschließend auf sich beruhen lassen.
Dr. Volker Güntzel
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Betriebswirt (IWW)
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