Ratgeber & Podcast

für Franchisezentralen

Das Modell der Geschäftsprozess-Organisation für Franchise-Zentralen

Bereits in den 90er Jahren wurde in der klassischen BWL die bis dahin bevorzugte Organisations-Systematik der Aufbau- und Ablauforganisation durch einen stärker kundenorientierten Organisationsvorschlag ergänzt:

Die Organisation von Unternehmen auf der Basis von Geschäftsprozessen  wurde entwickelt (z.B. von Hammer/Champy)  und trat seinen Erfolg in der Wirtschaft an. Zunächst übernahmen große Konzerne dieses System, später erkannten auch mittlere und kleinere Unternehmen den Vorteil der Geschäftsprozess-organisation: Durch entsprechende organisatorische Vorgaben entsteht ein kundenorientiertes, flexibles und nachhaltiges Unternehmen. Dieses System lässt sich ebenfalls auf die Organisation von Franchisesystemen übertragen, wie die folgenden Ausführungen zeigen werden.

Zunächst sollte man sich das grundlegende Organisationsverständnis von Geschäftsprozessmanagement verdeutlichen:

Ein Geschäftsprozess besteht aus einer funktions- und organisationsübergreifenden Verknüpfung wertschöpfender Aktivitäten, die von Kunden erwartete Leistungen erzeugen und die aus der Geschäftsstrategie abgeleiteten Ziele umsetzen.

Somit hat ein Geschäftsprozess 2 Bezugsrahmen :

• Er ermöglicht die Umsetzung einer Unternehmensstrategie
• Er sorgt für die Erzeugung der vom Kunden erwarteten Leistungen

In der betrieblichen Praxis wird der Begriff „Geschäftsprozess“ häufig auch für Prozesse verwendet, die nicht wertschöpfend (dem Kundenwunsch dienend) sind. Eine solche Begriffserweiterung ist nicht zielführend. Es ist geradezu zwingend notwendig, dass nur solche Prozesse auch Geschäftsprozesse heißen, die von dem Kundenwunsch zur Kundenerfüllung führen. Nur so lässt sich eine Organisation aufstellen, die „nahezu automatisch“ den Kundenwunsch im Fokus hat, der gemäß Geschäftsstrategie bedient werden soll.

Natürlich werden in einem Unternehmen viele Prozesse und Tätigkeiten ausgeführt, die nicht direkt wertschöpfend sind und dennoch zum Alltag gehören. Diese Prozesse werden in dem Modell der Geschäftsprozessorganisation als Management- bzw. Unterstützungsprozesse bezeichnet.

Wie sieht nun die Struktur eines auf Geschäftsprozesse ausgerichteten Franchise-Unternehmens konkret aus?

Zunächst ist immer eine Geschäftsstrategie notwendig, die aus einer Geschäftsidee, Vision und Mission Geschäftsziele ableitet, die es zu erreichen gilt.

Die kundenorientierten und wertschöpfenden Prozesse in einer Franchisezentrale teilen sich dann in 2 Bereiche auf:

• die Kernprozesse bezogen auf den (End-)Kunden
• die Kernprozesse bezogen auf den Systempartner

Denn aus organisatorischer Sicht ist auch für eine Franchisezentrale nicht der Franchisenehmer „der Kunde des Systems“. Kunde ist einzig allein der Verbraucher bzw. Nutzer des Produktes, für das das gesamte System steht. Daher müssen auch organisatorisch die Prozesse, die sich auf den Endkunden beziehen, sauber getrennt werden von den Prozessen bezogen auf die Partner des Systems.

Das folgende Schaubild stellt die Geschäftsprozessorganisation auf einer abstrakten Ebene dar :


 

Auf diesem Grundprinzip baut nun das konkrete organisatorische Modell der Geschäftsprozess-organisation für Franchisezentralen auf:
Alle Tätigkeiten, die der Entwicklung und Sicherung der Geschäftsstrategie dienen, werden als Managementprozesse bezeichnet. So sind z.B. die Zielfindungsprozesse, die strategische Finanzplanung, Corporate Governance Prozesse o.ä. klassische Prozessbeispiele der Managementprozesse in einem Unternehmen.

Die Kernprozesse bezogen auf den Endkunden des Systems lassen sich in die Bereiche Kundenfindung und –bindung, Auftragsbearbeitung und (kundenwunschbezogene) Produktentwicklung gliedern.

Die Kernprozesse bezogen auf die Systempartner (Franchisenehmer) lassen sich in die Bereiche Partnergewinnung und –bindung, Vertragserfüllung und partnerbezogene Systementwicklung gliedern.

Daneben gibt es zur organisatorischen Vervollständigung der Unternehmensaktivitäten eine Fülle von Unterstützungsprozessen , die in einer Franchisezentrale in die Gruppen

• Verwaltungs- und Admin-Prozesse
• Beschaffungsmanagement
• Operatives Finanzmanagement
• IT-Management
• Know-how-Management
• Infrastruktur- und Sicherheitsprozesse
• Personal- und Gesundheitsprozesse
• Kommunikationsprozesse
• Prozessmanagement und QM-Prozesse

eingeteilt werden können.

Das Gesamtbild einer Geschäftsprozessorganisation für Franchise-Zentralen lässt sich somit wie folgt darstellen:

 

Die Geschäftsprozess-Organisation entfaltet in einer Systemzentrale nur unter bestimmten Bedingungen ihre volle Kraft:

• Die Geschäftsprozesse des Unternehmens werden gemäß der oben dargestellten Systematik dokumentiert (sehr wichtig), sortiert und gruppiert . So entsteht für alle Beteiligten ein nachvollziehbares Unternehmensbild

• Für alle Kernprozesse wird genau ein Prozessverantwortlicher bestimmt, der die Erreichung der Prozessziele zu verantworten hat. In seiner Rolle erhält der Prozessverantwortliche „Vorfahrt“ vor den Abteilungs- und Bereichsleitungen. Nur so kann sichergestellt werden, dass ein Prozess über die verschiedenen Schnittstellen im Unternehmen effizient gemanagt wird.

• Die Geschäftsprozesse werden nicht als EDV-Projekt missverstanden, bei dem eine Automatisierung vorhandener Tätigkeiten den Effizienzsprung produzieren soll, sondern als Organisationsentwicklung , bei der erst am Ende die definierten und optimierten Prozesse teilweise in EDV-Systemen abgebildet werden.

• Für die Prozesse (die Wichtigsten zuerst, später immer mehr …) werden Messgrößen ermittelt, die eine Steuerung und Optimierung der laufenden Prozesse ermöglichen. Dies sind nicht nur finanzielle Messgrößen, sondern auch nicht finanzielle Messgrößen (z.B. Durchlaufzeiten, Fehlermengen, Kundenzufriedenheits-Kennziffern,…).

• Die Umstellung einer klassisch gegliederten Organisation (Abteilungen, Funktionen) auf die Geschäftsprozessorganisation wird im Rahmen eines Change-Prozesses schrittweise durchgeführt. Die Geschäftsleitung steuert diesen Prozess und überwindet die intern auftretenden Anpassungsängste.

Im Ergebnis einer Geschäftsprozessorganisation werden 2 Dinge erreicht:

1. Das Unternehmen wird effektiver. Es macht die richtigen Dinge im Markt, denn die Grundlage einer Geschäftsprozessorganisation ist eine verbindliche Strategie. Die Kundenorientierung ist system-immanent verankert.

2. Das Unternehmen wird effizienter: Die internen Reibungsverluste durch Schnittstellenprobleme, falschen Ressourceneinsatz und undokumentiertes Vorgehen werden minimiert, die Verbesserung der Leistungsqualität ist entlang der Prozessoptimierung leichter umzusetzen.

Die Franchisewirtschaft hat mit diesem Modell die Möglichkeit, aus einer endkunden- und partnerbezogenen Fokussierung heraus qualitativ hochwertige Systeme aufzubauen und stabil am Markt zu führen.

©copyright 20.04.09

Mathias Dehe
Mathias Dehe
DEHE Consulting UG (haftungsbeschränkt)

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