Die Vertragsanbahnung: Darauf müssen Sie als Franchisegeber unbedingt achten!
Bei der Jagd nach neuen Franchisenehmern und selbstverständlich dabei auch mit Blick auf die gern verbuchte lukrative Einstiegsgebühr vergessen leider viele Franchisegeber die wichtigsten Dinge bei der Vertragsanbahnung: Zunächst muss ein sorgfältiges Auswahlverfahren sicherstellen, dass die neuen Franchisenehmer auch tatsächlich eine Bereicherung für das System darstellen und nicht nur zusätzliche Umsatzerzeuger für den Franchisegeber sind.
Zu diesem Auswahlprozess gehören aber auch unbedingt die sorgfältige Aufklärung über das Franchisesystem an sich und die damit verbundenen Risiken. Weiterer häufig unerlässlicher Baustein bei der Vertragsanbahnung ist eine solide, banken- und kreditgestützte Finanzierung. Schließlich muss auch nach dem Trocknen der Vertragsunterschriftstinte im Rahmen eines „Onboarding“-Verfahrens sichergestellt werden, dass der reibungslose Start in das jeweilige Franchise-System reibungslos klappt.
Wenn auch diese Punkte im Einzelnen umstritten und in der Praxis schwierig bzw. umständlich umzusetzen sind, lässt sich generell doch die Regel aufstellen, dass Franchisegeber am besten im Bereich der Vertragsanbahnung beraten sind, wenn sie vollständig, transparent und wahrheitsgemäß über ihr Franchisesystem informieren, nicht nur auf ihrer Internetseite, sondern auch in den Unterlagen, die sie potenziellen Franchisenehmerkandidaten zur Verfügung stellen.
Diese Dinge müssen Franchisegeber umsetzen
Die guten ins Töpfchen…: Auswahlverfahren sind wichtig!
Fehler im Auswahlverfahren sind tückisch, denn einerseits werden sie schnell begangen und wirken sich andererseits erst sehr viel später aus, etwa wenn sich im Laufe der Vertragsbeziehung herausstellt, dass der Franchisenehmer für den Betrieb des entsprechenden Standorts ungeeignet ist oder er seine Rolle als Franchisenehmer verwechselt – und sich entweder eher als Arbeitnehmer versteht oder als quertreibender Franchisegeber sich Gedanken um Dinge macht, die grundsätzlich nicht ihm obliegen.
Verliert der Franchisenehmer die Übersicht und gerät sein Standort in Schieflage, bindet das Kapazitäten auch für den Franchisegeber und kann den Ruf des Systems nachhaltig schädigen. Erfahrungsgemäß lassen sich diese Missstände nur vermeiden, wenn im Rahmen des o.a. Auswahlverfahrens ein sorgfältiger Check auf Herz und Nieren stattfindet.
Vorvertragliche Aufklärungspflicht im Franchising
Franchiserechtlicher Klassiker, aber immer noch unterschätzt.
Im Rahmen der vorvertraglichen Aufklärungspflichten muss der Franchisegeber, der in der Regel einen hohen, grundsätzlich nicht rückzahlbaren Betrag vom Franchisenehmer als Investment in sein System erhält, lückenlos und wahrheitsgemäß über sein Franchisesystem aufklären. Auch wenn das eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte, entpuppt sich in der täglichen Rechtspraxis doch immer wieder mal ein schillernder Franchisegründer und -geber als zwar vertriebstüchtiger, aber unseriöser „Märchenerzähler“, dessen Aussagen sich im Nachhinein als heiße Luft herausgestellt haben. Dies ist ein gravierender Fehler, denn Mängel im vorvertraglichen Bereich in dieser Hinsicht machen den Franchisevertrag während seiner gesamten Laufzeit (und in Einzelfällen sogar darüber hinaus!), angreifbar.
Erfahrungsgemäß sollten Franchisesysteme daher unter keinen Umständen werbeträchtige Marketingaussagen so aufbauschen, dass potenzielle Franchisenehmer durch diese Aussagen in das System gelockt werden: Schließlich haben sie eine Menge Geld in das Franchisesystem investiert und wenn Gerichte im Nachhinein feststellen, dass einzelne Aussagen nicht der Wahrheit entsprechen, droht eine kostenträchtige Rückabwicklung des Vertrags, die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen sowie das mögliche Risiko, dass sich diese Mängel auch auf andere Franchisenehmer auswirken!
Das hängt übrigens auch damit zusammen, dass die vorvertraglich vom Franchisegeber abgegebenen Informationen in der Regel in Vorlagen bzw. Dateien fix abgespeichert und im Nachgang nicht aktuell gehalten werden. Erhalten über diese Vorlage also mehrere Franchisenehmer dieselben unzutreffenden Informationen, wirkt sich das katastrophal und existenzbegründend auf das Franchisesystem aus, denn die einst so klangvollen werbeträchtigen Anpreisungen sorgen nun dafür, dass sich Anwälte und Gerichte in zeit- und geldraubenden Gerichtsverfahren darüber streiten, inwiefern diese Aussagen dazu führen, dass der Franchisevertrag anfechtbar ist.
Insofern kann nur nachdrücklich und eindringlich davor gewarnt werden, als Franchisegeber Aussagen zu treffen, die nicht der Wahrheit entsprechen. Es ist erfahrungsgemäß ein schmaler Grat zwischen möglicherweise nicht zu beanstandender übermäßiger Anpreisung einerseits und unzutreffender (und zur Anfechtung berechtigender) Tatsachen andererseits. Klassiker in diesem Bereich sind Aussagen zur Größe des Franchisesystems, zur Qualifikation seiner leitenden Mitarbeiter, zu den Elementen des Franchisesystems (wie insbesondere der technischen Ausstattung) sowie zu den Möglichkeiten, Gewinne zu generieren.
Unabdingbare Pflicht für jedes Franchisesystem im Rahmen der vorvertraglichen Anbahnungsphase ist folglich eine gründliche Befassung mit dem Thema „vorvertragliche Aufklärung“, idealerweise über die Umsetzung der Richtlinien, die der Deutsche Franchiseverband e.V. hierzu erlassen hat und an deren Einhaltung ein gutes Franchisesystem zu erkennen ist – insofern ist dies auch eine perfekte Gelegenheit für Franchisegeber, sich nach außen als nachhaltiges, seriöses und werthaltiges Franchisesystem zu präsentieren. Unabhängig davon bieten diese Richtlinien auch eine praktische Richtschnur, die der Franchisegeber Punkt für Punkt abgehen, darstellen und (im besten Falle) abhaken kann.
Ohne Moos nichts los: Die Finanzierung
Im Rahmen der Vertragsanbahnung spielt die Finanzierung eine wesentliche Rolle, denn weit überwiegend wird der Einstieg eines Franchisenehmers in ein Franchisesystem durch Bankenkredite finanziert. Hier kann der Franchisegeber wertvolle Hilfestellung leisten, indem er, z.B. im Businessplan bzw. -konzept, klar und transparent sein System erläutert und nachprüfbare Zahlen und andere Fakten liefert, die der Bank die Kreditzusage erleichtern.
Doch auch hier ist Vorsicht geboten, denn da das Ziel, eine Kreditzusage zu erreichen, leichter und schneller erreicht wird, wenn die Aussagen zum System durchgehend positiv sind, ist häufig zu beobachten, dass Businesspläne beschönigende oder allzu optimistische Darstellungen enthalten, z.B. zu Umsatzzielen oder zur grundsätzlichen Fähigkeit des Systems, nachhaltige Umsätze zu generieren. Ist das der Fall, bleibt der Franchisevertrag über die gesamte Vertragslaufzeit angreif- und anfechtbar.
Fazit
Willkommen an Bord: Die ersten Schritte im Franchisesystem Schließlich darf ein effektiver „Onboarding“-Prozess nicht aus den Augen verloren werden. Das beste Franchisesystem wird sich nicht am Markt durchsetzen, wenn es seine Franchisenehmer nicht zu seinem System trainiert und schult. Werden z.B. die für das Franchising so typischen ERFA-Tagungen abgesagt, nicht angekündigte Preiserhöhungen durchgesetzt, Franchisenehmer mit Vertragsstrafen überzogen, neue Produkte ohne Wissen der Franchisenehmer eingeführt, dann fühlen sich Franchisenehmer recht schnell nicht als Teil eines florierenden Franchisesystems, sondern suchen nach Mitteln und Wegen, die ja eigentlich auf Dauer angelegte Vertragsbeziehung vorzeitig zu beenden. Damit dieser Anfang vom Ende nicht eintritt, ist es eben am Anfang dieser Vertragsbeziehung so ungeheuer wichtig, wahrheitsgemäß und lückenlos über alle Vor- und insbesondere auch Nachteile und Risiken eines Franchisesystems im vorvertraglichen Bereich aufzuklären. Wie so häufig im Leben gilt auch hier der Grundsatz: Ehrlich währt am längsten.