Ratgeber & Podcast

für Franchisezentralen

Erfolgreiches Partner/innen-Marketing im Franchising

Veronika Bellone: Guten
Morgen, liebe Chat-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer. Das Marketing bzw. die
Marketingarbeit hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Gezielt, schnell
und interaktiv sollen Angebote gestaltet und vermarktet werden, Dafür braucht es
entsprechende Strukturen in Unternehmen. Das fordert auch die
Franchise-Unternehmen, ihr Marketing für Kunden und Partner/innen zu überprüfen.
Ich freue mich auf Ihre Fragen zu diesem Thema und allgemein zum Franchising.
Ihre Veronika Bellone

Leser: Guten Morgen Frau Professor Bellone:
Was ist unter interaktivem Partnermarketing zu verstehen und welche Maßnahmen
sind dafür zu ergreifen?

Veronika Bellone: Guten Morgen,
lieber Chat-Teilnehmer. Interaktiv heisst, die Partner/innen in
Entwicklungsprozesse einzubinden. Das kann in Form von Projektgruppen geschehen,
die on- und/oder offline im Bereich der Produkt- und Dienstleistungsentwicklung
Ideen generieren und bewerten. Das kann ein internes Wiki sein, das der
Weiterentwicklung von Vermarktungs- und Produktideen dient oder wie bei Nike und
Mammut ein Verantwortlicher der Zentrale sein, der quasi als Moderator von
Partnern und Mitarbeitenden fungiert und Ideen, Impulse koordiniert und diese
entsprechend weiterleitet.

Leser: Hallo Frau Prof. Bellone, welche
Megatrends beeinflussen das Partnermarketing und die Kommunikation mit
Franchise-Nehmern?

Veronika Bellone: Connectivity
steht ganz vorne als Megatrend. Die Vernetzung ist ein wichtiges Thema. Hier
stellen sich einerseits die Fragen nach der zentralen Lösung des Systemauftritts
per Website und auf Social Media und andererseits nach den standortbezogenen
Auftritten von Partnern. Ein anderer wichtiger Megatrend ist die
Individualisierung aus dem sich auch der soziokulturelle Trend des Performancing
ableitet. Die Selbstdarstellung über verschiedenste Medien hat stark an
Bedeutung gewonnen. Das fängt bei den Fernseh-Formaten an, wie man Model, Sänger
etc. werden kann und hört mit eigens erstellten Filmen auf YouTube auf. Da
stellt sich die Frage für Franchise-Unternehmen, wie man der persönlichen
Performance der Franchise-Partner/innen gerecht wird.

Leser: und welche Konsequenzen hat der
derzeitige Generationenwechsel – hin zu Digital Natives – für das
Partnermarketing?

Veronika Bellone: Dieser Wechsel
ist spannend, weil sich die Rollen etwas verschieben. Digital Natives sind
aufgrund ihrer Sozialisation versierter und intuitiver im Netz unterwegs. Für
Franchise-Angebote heisst das, dass sie ihre Präsenz auch in den Sozialen Medien
erhöhen müssen, um wahrgenommen zu werden. Es heisst aber auch, dass noch mehr
Transparenz und Offenheit eine Rolle im Partnermarketing spielen.

Leser: In welcher Weise kann Ihre
Beratungsgesellschaft zur Optimierung des Partnermarketings beitragen?

Veronika Bellone: Wir führen
einen sogenannten “Reality-Check” durch, in dem wir ausgehend von der
Positionierung des Unternehmens (also wofür steht es, für welche Werte etc.) und
von den quantitativen und qualitativen Zielen den Status Quo aufnehmen – also
wie und ob das heute sichtbar und in der Kommunikation mit Partnern und Kunden
gelebt wird. Daraus ergibt sich eine praktikable Stärken-/Schwächenanalyse aus
der heraus Lösungsvorschläge erarbeitet werden. Je nach Grösse des Unternehmens
führen wir kleine Kreativ-Workshops mit gemischten Gruppen (Mitarbeitende,
Partner/innen…) durch, um neue Lösungen interaktiv zu entwickeln und auch
gleich lokal zu verankern.

Leser: Welche Kommunikationsmaßnahmen eignen
sich generell für das Partner-Marketing im Franchising? Und mit welchem Aufwand
sind sie verbunden?

Veronika Bellone: Das
Partner-Marketing beinhaltet verschiedene Elemente von der Akquisition/Selektion
der Partner/innen über Integration, Betreuung, Controlling bis hin zur Trennung.
Die wichtigste Voraussetzung für die Kommunikation ist zunächst die Einbindung
in die gesamte Unternehmenskultur. Ganzheitlichkeit spielt hier eine wesentliche
Rolle. Wenn ihre Positionierung beispielsweise auf Werten wie Innovation und
Freigeist beruhen würden, dann bilden diese den Rahmen für die entstehende
Unternehmenskultur und für das Partnermarketing. Ihre Akquisitionsmassnahmen
z.B. über einen Auftritt im FranchisePortal würden dann diese Welt über Fotos
und Argumente übertragen müssen. Solche Werte könnten allerdings auch
ungewöhnliche Akquisitionsmassnahmen zur Folge haben. Je nach Branche können das
interaktive Bewerbungs-Games sein, mit denen Sie geeignete Kandidaten
ansprechen. Der Aufwand über digitale Spielwelten zur Akquisition und
Betreuung/Weiterbildung ist aufwändiger, weil Sie diese auf Ihre Gegebenheiten
anpassen lassen müssen. Vorstellungs- und Lern-Filme sind ebenfalls eine probate
Möglichkeit für die Kommunikation im Rahmen des Partner-Marketing. Welche
Massnahmen passen – hängt dann doch wesentlich vom Unternehmen selbst ab.

Leser: Außerdem würde mich interessieren,
inwieweit die Kommunikation mit Interessenten automatisiert werden kann.

Veronika Bellone: Ich bin sowohl
im Rahmen der Franchise-Beratung wie an der Hochschule vielfach mit der “neuen
Didaktik” beschäftigt. Filmsequenzen zur Verdeutlichung von Sachverhalten in
Ihrem Unternehmen und Beispiele typischer Tätigkeiten im Tagesablauf sind sehr
hilfreich. Ein dokumentarischer Stil, der die Interessenten als Beobachter
teilhaben lässt. Dazu würde ich Fragen zur Selbstreflexion stellen, die online
beantwortet werden und in einem späteren Gespräch dann auch diskutiert werden
können – so die Kandidaten aufgrund ihrer Antworten in die engere Auswahl
kommen.

Leser: Wir bemühen uns, unter Einbeziehung
sozialer Medien crossmediale Dialoge mit potenziellen Franchise-Nehmern zustande
zu bringen. Wenn es uns gelingt, ihre wirklichen Interessen in Erfahrung zu
bringen, können wir sehr individuell argumentieren und ein Höchstmaß an
Aufmerksamkeit erlangen. Sind wir damit aus Ihrer Sicht auf dem richtigen Wege,
um Responsequote und Konversionsrate steigern?

Veronika Bellone: Sie werden
damit einen Fundus an Aussagen haben, die die Befindlichkeiten wie auch
Bedürfnisse spiegeln. Damit kommt Ihnen die Moderatorenrolle zu, mit diesen
Informationen so umzugehen, dass Sie individuell auf Ihre Partner/innen eingehen
und doch allen eine einheitliche Bandbreite an Freiheit zusichern.

Leser: Müsste das wichtigste Ziel des
Partner/innen-Marketing nicht sein, die Franchise-Marke bei der Zielgruppe zu
verankern? Welche Maßnahmen würden Sie dazu ergreifen?

Veronika Bellone: Nun gibt es
verschiedene Zielgruppen: einmal die Zielgruppe der (potenziellen)
Partner/innen, denen das Franchise-Package verkauft wird und die Zielgruppe(n),
die für das Leistungsangebot begeistert werden soll(en). Alles bedingt sich
gegenseitig. In den meisten Fällen handelt es sich um gesättigte Märkte. Es gibt
eine vielfältige Bandbreite an Möglichkeiten sich beruflich selbstständig zu
machen – geschweige denn von Produkten und Dienstleistungen, die wir mehr oder
weniger benötigen. Um das Ziel zu erreichen, für Partner/innen wie für Kunden
und Kundinnen, Zulieferanten etc. attraktiv zu sein, muss ich wissen, welchen
grundlegenden Nutzen ich diesen Zielgruppen bringe und wie ich das möglichst
noch besser und noch originärer mache, damit diese das Gefühl haben, etwas
Besonderes bzw. auf sie Zugeschnittenes zu erwerben. Die Massnahmen müssen sein,
die wahren Bedürfnisse der Zielgruppen herauszufinden und was Ihre
Franchise-Marke leisten kann.

Leser: Für uns ist Qualität in der
Partnergewinnung wichtiger als Quantität. Welchem Auswahlverfahren würden Sie im
Rahmen der Partnergewinnung den Vorzug geben? Gibt es bestimmte
Matchingkriterien, die sich bewährt haben?

Veronika Bellone: Bewährt hat
sich das Denken in Phasen, die Sie selbst festlegen, um durch ein vergleichbares
Vorgehen bei der Akquisition/Selektion, die Kosten im Griff zu haben. Also wie
viele Phasen vom Erstkontakt bis zum Abschluss lassen Sie zu, um den
gegenseitigen Informationsfluss zu koordinieren und die Entscheidungsfähigkeit
der Kandidaten zu prüfen. Beim Erstkontakt mit Kurzbeschreibung des
Franchise-Angebotes übermitteln Sie einen Fragebogen, der auch die Fragen nach
den Motiven des Kandidaten/der Kandidatin beinhaltet, sich für das jeweilige
System zu bewerben und welche Stärken/Schwächen er/sie bei sich wahrnimmt. Im
persönlichen Gespräch hat es sich bewährt, tatsächliche Situationen,
Kundengespräche o.ä. darzustellen und die Bewerber/innen nach ihren Vorschlägen
für ein adäquates Verhalten zu fragen oder sogar Rollenspiele vorzunehmen. Ein
Tag oder ein paar Stunden in einem Betrieb (je nach Möglichkeit) kann auch
schnell klären, wie integrativ oder lösungsorientiert sich eine Person verhält.

Leser: Für uns sind beim Partnermarketing die
zwischenmenschliche Kommunikation und der Aufbau einer persönlichen Beziehung
ausschlaggebend für den Erfolg. Steht eine Marketingautomatisierung dem nicht im
Wege?

Veronika Bellone: Es geht nicht
um eine Marketingautomatisierung, sondern um eine Standardisierung von
grundlegenden Massnahmen zur Vermarktung und zum Wertekodex, die dann die
Individualisierung möglich macht. Howard Schultz, der Gründer von Starbucks hat
das sinngemäss einmal sehr schön ausgedrückt. Wenn wir Kunden begrüssen, haben
wir Zeit ein paar Worte mit ihnen zu wechseln und auf ihren Geschmack, ihre
Vorlieben einzugehen. Das erhöht die Möglichkeit, dass die Gäste wiederkommen.
Dieser Wortwechsel kann bei Starbucks aber nur stattfinden, weil es eine
Verbindung von High-Tech und High-Touch gibt. Die Prozesse zur Herstellung
verschiedenster Getränke sind total standardisiert – das ermöglicht
Individualisierung und eben ein persönliches Gespräch.

Leser: Ein guter Verkäufer kann selbst
unterschwelligen Erwartungen oder emotionale Schwingungen (Ironie, Sarkasmus,
Zynismus) wahrnehmen und in der Argumentation berücksichtigen. Ist es nicht
offensichtlich, dass ein realer Mensch in der Kommunikation mehr als jede
Maschine erreichen kann?

Veronika Bellone: Da sprechen Sie
eine spannende Thematik an. Ich glaube an das Zusammenspiel von Mensch und
Maschine. Es gibt Bereiche, da ist uns eine Maschine überlegen, nicht nur in der
Industrie, sondern durchaus im Handel und in der Dienstleistung. Ein
interessantes Beispiel ist Hointer (hointer.com) – dort werden technologische
Lösungen für den Einzelhandel angeboten, wie z.B. ein Computer in der
Umkleidekabine, der registriert, wenn sie eine andere Grösse/Farbe wünschen.
Erfüllt wird dies durch ein automatisiertes System, das das gewünschte Modell
direkt in die Kabine leitet. Das stellt für die Kunden eine echte Entlastung
dar, müssen sie doch nicht Ausschau nach entsprechendem Personal halten, das
dann meist umständlich nach dem Gewünschten suchen muss. Das kann die Maschine
viel besser und schneller lösen, weil sie gleich Zugriff auf die ganze
Lagerhaltung hat. Dem Personal kommt die Rolle der Stilberatung zu, die oftmals
durch die Doppelbelastungen weniger wahrgenommen werden kann. Es wird in Zukunft
mehr und mehr darum gehen, die Rollen neu zu definieren, denn die technologische
Entwicklung lässt sich nicht aufhalten und sie birgt zudem ja auch spannende
Lösungen. Wir müssen uns mit dieser Situation anfreunden und sehen, wo es
sinnvolle, kundengerechte Lösungen gibt.

Leser: Wie können wir bestehende Partner zur
Eröffnung weiterer Geschäfte motivieren und qualifizieren? Welche Maßnahmen
würden Sie in dieser Hinsicht ergreifen?

Veronika Bellone: Da müssen Sie
die persönlichen Zielsetzungen der Partner/innen abrufen. Welchen Lebensplan
haben diese bzw. haben sich diese darüber Gedanken gemacht? Die Perspektive, die
Sie Ihren Franchise-Nehmern bieten, muss mit deren finanziellen und persönlichen
Möglichkeiten kompatibel sein. Erst dann wächst auch der Wunsch, mehr zu
erreichen und sich dafür zu qualifizieren.

Leser: Unser System ist im Einzelhandel tätig.
Sind Ihnen irgendwelche ausgefallenen Ideen bekannt, wie sich Konsumenten als
Franchise-Nehmer gewinnen lassen?

Veronika Bellone: Allein schon
ein Hinweis, dass das auch “ihr Geschäft” (im Sinne der Konsumenten) sein kann,
hilft. Viele Franchise-Systeme weisen am POS nicht darauf hin, dass sie auch
Existenzgründern eine Chance bieten. Bieten Sie doch eine “Degustation” an mit
Appetithäppchen auf eine eigene Existenz – Argumente, die für Sie sprechen bzw.
für Ihr Franchise-Angebot. Das ansprechend “verpackt” – auf einem Tablett
serviert. Je nach Aufmachung lässt sich das dann auch gut posten.

Leser: Sie erwähnten in einem Video die
Notwendigkeit von Partnerprofilen. Können Sie mir erläutern, was Sie genau unter
einem Partnerprofil verstehen? Wie ziehen Sie Schlüsse im Hinblick auf die
Ängste und Bedürfnisse der Kandidaten?

Veronika Bellone: Beim
Partnerprofil handelt es sich um die persönlichen und finanziellen
Voraussetzungen, die ein Kandidat/eine Kandidatin mitbringen soll. Dies
entspricht in der Regel dem Wunschprofil, das Sie aufgrund der Tätigkeiten,
Anforderungen und Dimension des Konzeptes formulieren. Neben den
Wunschvorstellungen sollten Sie auch die Ausschlusskriterien beschreiben.
Letztere geben Ihnen die Möglichkeit, über Tests und/oder Befragungen solche im
Bewerbungsgespräch auszuloten.

Veronika Bellone: Liebe
Chat-Teilnehmer/innen, ich danke Ihnen für Ihre interessanten Fragen und wünsche
Ihnen viel Erfolg beim Verfolgen neuer Lösungsansätze. Herzlichst Ihre Veronika
Bellone

Prof. Veronika Bellone
Prof. Veronika Bellone
Bellone FRANCHISE CONSULTING GmbH

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