Faire Franchisegebühren: Prüfstein für praktizierte Partnerschaft!
Fairer Umgang miteinander ist eine unabdingbare Voraussetzung für erfolgreiche Zusammenarbeit in Franchisesystemen. Im Ethik-Kodex des deutschen Franchiseverbandes wird dies gleich im zweiten Satz ausdrücklich betont: „Dieser Verhaltenskodex ist eine sachdienliche Zusammenstellung von wesentlichen Vorschriften fairer Verhaltensweisen für die Franchisepraxis in Europa.“ Im ersten Satz wird darauf verwiesen, dass dieser Ethik-Kodex auf der entsprechenden Ausarbeitung der European Franchise Federation fußt. Fairness ist – nur so kann man dieses Statement interpretieren – die Basis (nicht eine von vielen Säulen) des Franchising.
Und dieser formulierte Anspruch auf fairen Umgang miteinander, auf partnerschaftliche Kooperation, bezieht sich natürlich insbesondere auf die Höhe und Ausgestaltung der vereinbarten Franchisegebühr. Franchise-Systeme sind eben, wie es in den „10 Fairness-Regeln“ des Franchiseportals ausgedrückt wird, „keine bloßen Zweckgemeinschaften“. Unter Punkt acht ‘angemessene Franchisegebühr‘ steht in dieser Liste:
„Die Leistungen, welche die Systemzentrale für die zu entrichtenden Franchise-Gebühren erbringt, wurden vom Franchise-Geber schlüssig dargestellt und sind für die Franchise-Nehmer nachvollziehbar.“
In dieser Formulierung zeigen sich schon die zwei wesentlichen Aspekte für die Beurteilung des Fairnessgrades von Gebührensystemen im Franchising: Die absolute Höhe der in der Regel vom Franchisegeber festgelegten Gebühren, aber eben auch die für die Franchisenehmer nachvollziehbare Darstellung und Erläuterung von Höhe, Struktur und Gegenleistung. In diesem zweiten Teil liegt die eigentliche Brisanz des Themas. Denn: Die Höhe der Franchisegebühr allein kann nicht zum Maßstab für die Fairness heran gezogen werden.
Das erkennt man auch, wenn man die diesbezüglichen Statistiken analysiert. So lag die durchschnittliche Eintrittsgebühr in 2016 bei 12.184 Euro. Sie ist im Vergleich zu 2004 (10.704 Euro) um 13,83% gestiegen. Es gibt aber Systeme, die mehr als das fünffache dieses Betrages als einmalige Eintrittsgebühr veranschlagen. Hier zu argumentieren, dass zum Beispiel alles über 25.000 Euro Eintrittsgebühr unfair sei, wird einer sachgerechten Betrachtung nicht gerecht. Zur gleichen Schlussfolgerung kommt man, wenn man die laufenden Gebühren betrachtet. Diese Systemgebühren haben sich von 2004 bis 2016 von durchschnittlich 4,4% des Umsatzes auf 5,4% erhöht. Die durchschnittlichen Werbegebühren sind von 1,6% 2004 auf 1,5% in 2016 gesunken. Auch hier ist eine Einstufung aller Gebührensätze jenseits eines bestimmten Prozentsatzes kurzschlüssig und ungerechtfertigt.
Franchisegebühren im Fairness-Test
Beim Fairness-Test von Franchisegebühren zwischen den Einstiegszahlungen und den laufenden Abgaben zu unterscheiden ist zweifelsfrei notwendig. Zu unterschiedlich sind die mit diesen Posten zu honorierenden Leistungen des Franchisegebers für seine Franchisenehmer. Bei der Ersteinrichtung eines Franchise-Standortes bringt der Franchisegeber sein Knowhow in die Aufbauleistungen ein. Dabei wird in aller Regel auch auf externe Beraterleistungen, wie zum Beispiel lokale Marktanalysen oder Unterstützung bei der Konzeption von Geschäftsplänen, zurückgegriffen. Fast alle Komponenten dieser einmaligen und zeitlich klar zu begrenzenden Franchisegeber-Leistung lassen sich klar in Euro-Beträgen beziffern beziehungsweise umrechnen.
Fairness zeigt sich also in diesem Fall nicht, ja nicht einmal in erster Linie, in der absoluten Höhe der Einstiegsgebühr, sondern in der offenen und nachvollziehbaren Darlegung dieser Höhe gegenüber dem angehenden Franchisepartner. Es dürfte für die allermeisten Franchisegeber ohne großen Aufwand möglich sein, ihren Interessenten für ein Franchise eine detaillierte und in sich schlüssige Aufstellung der jeweiligen Anteile von zum Beispiel notwendigen juristischen Arbeiten, erforderlichen Einweisungs- bzw. Schulungsaufwendungen oder Kosten für den Aufbau der Betriebseinrichtungen auszuhändigen. Schon allein die Übergabe einer solchen Auflistung wird dazu beitragen, das Vertrauensverhältnis von vornherein zu stärken. Ein Beleg für praktizierte Fairness und unter Partnern unerlässliche Offenheit ist es allemal.
Bei der Beurteilung der laufenden Franchiseabgaben in Bezug auf Fairness und Angemessenheit sieht der Versuch der Definition von Einstufungskriterien schon deutlich diffiziler aus. Bei der vertraglichen Gestaltung der laufenden Gebühren haben sich in der Praxis viele unterschiedliche Ansätze ergeben. Neben der prozentualen Gebühr, abgeleitet vom Umsatz des jeweiligen Franchisenehmers, gibt es ebenfalls etliche Systeme, die eine pauschalierte Euro-Gebühr erheben. In Fällen, wo mit dem Franchisenehmer regelmäßiger Warenbezug über den Franchisegeber fest vereinbart ist, werden die Einnahmen des Franchisegebers oft über kalkulierte Gewinnmargen im Preis der Produkte erzielt. In etlichen Franchisesystemen werden zusätzlich Werbegebühren berechnet, die für überregionale Aktionen verwendet werden. Mischformen dieser verschiedenen Strukturelemente sind gang und gäbe.
Bei den vom Umsatz abhängigen Prozentagen ist zusätzlich die Variante degressiver Prozentsätze bei erhöhtem Umsatz vorzufinden. Diese Ausprägung macht dann Sinn, wenn der Betreuungsaufwand des Franchisegebers für Franchisenehmer mit höheren Umsätzen in etwa gleich zu veranschlagen ist, wie bei den Kollegen mit niedrigerem Umsatzvolumen. Degressive Gebührengestaltung führt zweifellos zu einer höheren Motivation beim Franchisenehmer und zu einer starken Akzeptanz der Gebührenstruktur. Empirische Untersuchungen zeigen zudem auf, dass die Gebühren in Dienstleistungsbranchen höher sein müssen, als in reinen Handelsbranchen. Dies ist dadurch bedingt, das der Geschäftsablauf bei der Erbringung von Dienstleistungen mit weniger Möglichkeiten versehen ist, durch den Wareneinsatz Erlöse zu erzielen.
Diese Aufzählung der Artenvielfalt bei laufenden Franchisegebühren indiziert schon, dass auch in diesem Punkt die alleinige Analyse der Höhe der Gebühr nur vergleichsweise wenige und zudem unergiebige Anhaltspunkte zur Beurteilung des Fairnessgrades liefern kann. Auch hier ist der Umgang der beiden Franchisepartner miteinander weitaus stärker ein valides Indiz für faire beziehungsweise angemessene Höhe und Struktur der laufenden Franchisegebühren. Dies zeigt das folgende fiktive Beispiel:
In beiden Fällen wird in der Summierung eine 15 prozentige Franchise-Gebühr erhoben. Das Franchisesystem A erhebt diese jeden Monat in Form einer entsprechenden Abbuchung von 15% nach Maßgabe der monatlichen Umsatzmeldung. Bei Franchisegeber B gliedert sich die gesamte Monatsgebühr in:
- 5% vom Umsatz für allgemeine Betreuungsleistungen,
- 4% als Werbeumlage für Gemeinschaftsaktivitäten,
- 2% für lokale Werbung, die Franchisegeber und jeweiliger Franchisenehmer gemeinsam konzipieren und umsetzen,
- 2% Franchisegebühr für das kollektiv genutzte IT-System und dessen Weiterentwicklung,
- 2% für Projekte zur Weiterentwicklung des Geschäftsmodells.
Im Fall B bietet der gewählte differenzierte Strukturaufbau des Gebührensystems konkrete Ansatzpunkte und Möglichkeiten für die Franchisenehmer und/oder den Beirat ihrem Vertragspartner in die Bücher und/oder auf die Finger zu schauen. Selbst, wenn im Fall A dem Beirat Einsichtsrecht in die Kostenrechnung, oder gar Buchhaltung des Franchisegebers zugestanden wird, lässt sich die Frage der Fairness nicht schlüssig beantworten. Denn: Fairness ist sehr stark dadurch definiert, dass sich die beiden Partner an die im Franchisevertrag vereinbarten Regeln und Verpflichtungen halten. Dieser Maßstab ist denn auch aus der einschlägigen Rechtsprechung zu § 138 BGB abzuleiten. Danach kann eine Gebührenregelung nichtig sein, wenn ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung besteht.
Je detaillierter der Franchisegeber in seiner praktizierten Gebührenordnung seine Leistungen beschreibt, desto fairer ist sein Grundverständnis von partnerschaftlicher Zusammenarbeit.
Eine noch so detaillierte Auflistung der Franchisegeberleistungen bei vereinbarter pauschaler 15% Franchise-Gebühr auf getätigte Umsätze, wie im Beispiel beim Fall A, mag zwar rechtlich eine Absicherung gegen Vorwürfe der Unangemessenheit sein, ist aber kein Ausweis einer praktizierten Fairness. Denn trotz einer solchen Aufzählung ist es den Franchisenehmern nahezu unmöglich zu überprüfen, ob die Gebühr im Verhältnis zu den vereinbarten Leistungen in einem auffälligen Missverhältnis steht. Erst die detaillierte Aufteilung und/oder Zuordnung von einzelnen Gebührenbestandteilen eröffnet die der Fairness geschuldeten Möglichkeit für die Franchisepartner und/oder ihrem Beirat, die Aktivitäten ihres Franchisegebers angemessen zu beurteilen.
Eine laufende Werbegebühr beispielsweise wird für überregionale Werbemaßnahmen eingezogen, die nachweislich zum Nutzen jedes Franchisenehmers beitragen müssen. Die Gebühr ist treuhänderisch und der Franchisegeber hat über die Verwendung Rechenschaft abzulegen. In der Regel wird ein Werbebeirat über die Verwendung mitentscheiden. Dies ist ein faires Prozedere. Wenn Franchisegeber die Finanzierung solcher und ähnlicher Posten ihrer Leistungspalette in einer globalen Prozentpauschale verstecken, sollte man ruhigen Gewissens nach den Gründen dafür fragen.
Fazit
Beim Fairness-Urteil über die Franchisegebühren müssen immer die verständlichen Franchisegeber-Wünsche nach Einfachheit und Zeitnähe der Berechnung mit den Franchisenehmer-Rechten nach Transparenz und Überprüfbarkeit abgeglichen werden. Eine nachvollziehbare und schriftlich verankerte Zuordnung von einzelnen Gebührenbestandteilen zu den damit zu erfüllenden Gegenleistungen des Franchisegebers ist in aller Regel fairer als eine pauschal erhobene Prozentage. Eine solche Struktur der Gebührenordnung in einem auf Partnerschaft angelegten System hilft zusätzlich dabei, die systembedingten Interessenunterschiede bereits im Vorfeld zu kanalisieren.