Franchise-Geber/innen als Kulturbotschafter
In der Reihe zum Thema „Franchising ist erwachsen geworden“ möchten wir diesmal auf die wichtige Rolle von Franchise-Gebern/-Geberinnen als Vertreter einer Branchenkultur eingehen.
Bei der Entwicklung von Franchise-Systemen muss neben den Voraussetzungen zur Multiplikation des Konzeptes herausgebildet werden, welche Markenstrategie verfolgt wird. Das hängt wesentlich davon ab, welches Innovationspotenzial das Angebot birgt. Lässt sich mit dem Geschäftskonzept die Branche revolutionieren? Kann man mit dem Leistungsangebot markante Zeichen setzen im Markt? Ist das der Fall, dann bietet sich vielfach eine Profilierungsstrategie an, um markant auf die Besonderheit aufmerksam zu machen. Neues im Ablauf, in der Produkt- oder Dienstleistungsqualität trägt nicht nur zur Eigenprofilierung bei, es verändert auch die Branchenkultur. Denn mit typischen Gepflogenheiten und Denkmustern wird gebrochen.
Zur „blauen“ Stunde
Das Beispiel der Monobrand-Stores von Nivea, wo an der Kaffee-Bar neben Latte Macchiato auch „Latte Massagio“ und andere kurzzeitige Wohlfühlmassagen und kosmetische Kurzbehandlungen spontan buchbar sind, hat neue Zeichen in der Wellness- und Kosmetikbranche gesetzt. Der Day-Spa-Gedanke wurde zu einem flexiblen, urbanen Konzept komprimiert und erhielt mit dem „Bar-Ambiente“ eine neue Dimension, wie sich eine Kaffeepause zwischendurch zu einem erweiterten Belohnungsprogramm nutzen lässt. Zur Profilierung tragen unter anderem auch die Namensgebungen der Pflegeprogramme bei, die allesamt die Modernität und Andersartigkeit widerspiegeln. Beratungskugeln im typischen Outfit der Marke geben neue Anreize, wie man sich in grossen Räumen diskret zur Einzelberatung zurückziehen kann.
Multipliziert der Innovator einer Branche sein Konzept mittels Franchising, so besteht die Chance, sehr zeitnah den Markt zu durchdringen und vielleicht zur Benchmark für andere zu werden. Das allerdings nur, wenn der Franchise-Geber/ die -Geberin es versteht, dass Innovative des Geschäftskonzeptes auch in die Unternehmenskultur zu übertragen und diese im Rahmen des Partnermarketings mit den Franchisenehmer/innen zu leben. Nicht nur, dass die Franchise-Partner/innen darin geschult werden, worin der neue, kreative Ansatz im Angebot liegt – die Akquisition, Selektion und der Umgang mit den Partnern und Partnerinnen sollten diesem kreativen Niveau entsprechen. Denn die Profilierungsstrategie zeigt ihren Wirkungsgrad nicht nur im branchenbezogenen Markt, sondern auch im Franchise-Nehmer/innen-Markt. Erst dann wird eine Franchise-Marke als stark wahrgenommen. Wenn sie ganzheitlich aufgebaut wird und die Partnerkultur einschließt. Die Franchise-Partner/innen beleben und tragen durch ihr Verhalten, ihre Motivation und ihr Engagement die Marke am Point of Sale und sind wiederum wichtige Referenzgeber/innen für neue Partner-Kandidaten.
So ähnlich und doch anders!
Auch die Me-too-Strategie als Markenstrategie entbindet nicht von einer klaren Positionierung im Angebots- und Partnermarkt. Diese Strategie beobachten wir im Franchise-Business sehr häufig, dass starke Franchise-Marken Nachahmer hervorbringen. Ein Beweis dafür, dass die Vorbilder eine Marktchance so erfolgreich genutzt haben, dass sie für andere Anbieter als adäquate Möglichkeit für den Franchise-Aufbau identifiziert werden. Um sich jedoch als Zweiter oder Dritter in der gleichen Branche und im Franchise-Markt zu behaupten, braucht es eine ebenso eigenständige Überlegung, „wofür das Konzept steht!“ Denn: „Wer immer in den Spuren anderer wandelt – hinterlässt selbst keine Eindrücke:“ In diesem sinnigen Sprichwort steckt die Herausforderung, die es für einen Erfolg zu beachten gilt. Warum soll sich ein potenzieller Franchise-Partner/ eine –Partnerin auf das Nachahmer-Konzept einlassen? Liegt die Differenzierung einzig in günstigeren Konditionen? Dann stellt sich die Frage, worin das Einsparpotenzial liegt? Die Entwicklungsarbeit zum Aufbau eines Franchise-Systems und der laufende Support können kaum nachgeahmt werden. Dies bedarf immer der individuellen Erarbeitung und dem erforderlichen Bedarf.
Liegen Differenzierungsmerkmale im Produkt- oder Dienstleistungsangebot vor, dann ist hier zu analysieren, welchen Nutzen diese den Kunden und Franchise-Partnern/-Partnerinnen bringen. Wie lassen sich diese Unterschiede so gestalten, ausformulieren und in Werten ausdrücken, damit eine originäre Franchise-Kultur geprägt wird, um sich als Zweiter oder Dritter markant zu positionieren.
Franchising ist eine Kulturleistung, die nach außen und innen gelebt wird. Bei der grenzüberschreitenden Expansion kommt diesem Aspekt noch eine weitere Dimension hinzu. Durch die aktive Beteiligung international aufgestellter Partnerunternehmen erhalten Franchise-Systeme Einblicke in fremde Kulturen, die sowohl für die Weiterentwicklung des Systems wie auch im Umgang mit verschiedensten Anspruchsgruppen wertvoll sind. Dies stellen wir unter anderem anschaulich in unserem „Praxisbuch Franchising“ – Konzeptaufbau und Markenführung vor. Mit diversen Fallbeispielen wie McDonald’s, Esprit, Avec u.v.a. werden die Themenkreise sinnvoll erläutert.
© Autorin: Prof. Veronika Bellone 12/2010
Veronika Bellone / Thomas Matla
Praxisbuch Franchising
Konzeptaufbau und Markenführung
mi-Wirtschaftsbuch
ISBN: 978-3-86880-119-4
Zur Person
Prof. Veronika Bellone, gebürtige Berlinerin, ist seit 1986 im Franchise-Business tätig, ehemals als Franchisemanagerin bei der Cosy-Wasch-Autowaschanlagen GmbH in Berlin und seit 1991 als selbstständige Franchiseberaterin in der Schweiz. Sie hat u.a. die Schweizer Post, Mövenpick, Fleurop, Warner Bros. und die Berliner Bäder Betriebe beraten. Zudem ist sie Professorin an der Hochschule für Wirtschaft Nordwestschweiz im Fachbereich Marketing. 2009 startet sie mit der Bellone FRANCHISE CONSULTING GmbH, mit einem relevant erweiterten Leistungsspektrum für den gesamten deutschsprachigen Raum, neu durch. In Zusammenarbeit mit dem Brand Consultant Thomas Matla, einem Spezialisten für den Aufbau nationaler und internationaler Marken, bietet Bellone FRANCHISE CONSULTING Beratungen, Coachings und Workshops rund um das Thema Franchising – von der Trend Analyse, über die Markenpositionierung, bis zur Implementierung von Franchise Systemen im Markt.
office@bellone-franchise.com; www.bellone-franchise.com; Bellone FRANCHISE CONSULTING GmbH, Poststrasse 24/ Postfach 1355, CH-6300 Zug, Tel. 0041 41 712 22 -11 Fax -10
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