Ratgeber & Podcast

für Franchisezentralen

Franchisetrends 2010 (2.Teil)

Das Franchisebusiness wird von den Megatrends Globalisierung, Healthstyle, Individualisierung und dem Demografischen Wandel beeinflusst. Sowohl in strategischen Belangen und der Unternehmensführung wie branchen-bezogen. Im 1.Teil Franchisetrends (im Februar) ging es vor allem um den Wandel im unternehmensinternen Bereich. Heute wollen wir uns den Branchen zuwenden, die von den Trends profitieren werden.

Megatrends haben eine „Halbwertszeit“ von ca. 25 Jahren. Wir stehen bereits seit ein paar Jahren unter dem Einfluss der vorgenannten Trends. So bezeichnete unser Büro schon 2005 in einer Trendvorschau, dass im Zuge der Globalisierung zur effizienten Marktabdeckung Multi-Unit-Franchising (Franchisepartner/innen dürfen mehrere Standorte erwerben) und Hybrid Franchising (Kooperation verschiedener Marken) zunehmen werden. Multi-Unit-Franchising ist unterdessen in vielen Franchise-Unternehmen eine probate Strategie geworden, nicht nur zur Marktdurchdringung, sondern auch zur Motivation, um gestandenen Franchisenehmern und –nehmerinnen Perspektiven für ihr Unternehmertum zu geben. Zum Thema Hybrid-Franchising haben wir erste Anläufe im 2005 vorgestellt und möchten gerne weiter unten noch ein paar Tipps und Ideen geben.

1. Globalisierung:

Zu den Grundthemen gehören Selbstbehauptung und Zusammenschlüsse. Wie in unserem Beitrag vom Februar erwähnt, wird eine prägnante Markierung des eigenen Angebotes am Markt immer wichtiger, um wahrgenommen zu werden und um sich im konkurrenzierenden Umfeld zu behaupten. Ebenso wichtig wird eine gute Anbindung werden. Die Kooperation mit anderen Marken, Testimonials (bekannten Persönlichkeiten) und/oder Franchiseunternehmen wird immer bedeutender, um z.B. in neuen Märkten schneller Fuss zu fassen, sich bekannt zu machen und noch attraktiver für die Zielkunden und Partner/innen zu sein. Die spanische Modekette Mango lässt z.B. von der Schauspielerin Penélope Cruz und ihrer Schwester Monica zum 4. Mal eine Kollektion entwerfen. Mango als Franchisesystem ist in über 90 Ländern vertreten und gehört zu den Top 500 der europäischen Franchiseunternehmen. Das Ernährungs- und Bewegungskonzept  360° ITS MY LIFE wird unter der Mitwirkung von Sylke Otto, der erfolgreichen Rennrodlerin und Olympiasiegerin weiterentwickelt und vermarktet (1). 

Aber auch Co-Brandings gehören zur breiteren Abstützung auf dem Markt, wie z.B. McDonald’s mit Wal-Mart, Baskin Robbins mit Dunkin Donuts oder diverse Tankstellen-Franchisesysteme mit Convenience-Shops. Ebenso Ingredient Brandings, d.h., dass ein Inhaltsstoff, eine Ingredienz bereits sehr bekannt ist und in der eigenen Produktpalette integriert wird, wie Intel Inside für Prozessoren und Chipsätze in Computern verschiedener Hersteller, NutraSweet und Canderel, ein Markenname für den Süßstoff Aspartam in der Lebensmittelindustrie (zum Beispiel Coca Cola light) oder die Membran Gore Tex die für die Herstellung von Funktionsbekleidung verwendet wird, die wiederum im Sortiment vieler Outdoor-Franchisesysteme wie Timberland, Mammut und Jack Wolfskin gelistet wird. Die Vorteile von Ingredient Brandings sind, dass man einen bereits bekannten und bewährten Inhaltsstoff verwendet, der in seiner Wirkung wenig Erklärungsbedarf hat, aber positiv auf die eigenen Produkte ausstrahlt und sie aufwerten kann.
Strategische Allianzen im vor- oder nachgelagerten Bereich der Wertschöpfungskette können die Kosten beim Franchisegeber senken und/oder die Effizienz erhöhen sowie nachhaltig wirksam sein. Sei es über die Zusammenarbeit mit Recyclingunternehmen wie I:CO (I:Collect) mit Reno Schuhen, Stichweh Textilreinigung etc. oder wie im Fall der Sagaflor AG, Franchisegeber der Fachhandelskette Zoo & Co., die mit einem externen Logistikpartner der BSR-Logistik-Gruppe ihre Franchisenehmer/innen beliefern lassen. Laut Sagaflor werden durch eine im 2010 intensivierte Zusammenarbeit mit dem Logistikpartner alle Kunden von attraktiveren Großhandelspreisen sowie einer hohen Lieferquote und -qualität profitieren (2).
Es gibt diverse Möglichkeiten, sein Unternehmen bzw. sein Leistungsangebot durch Zusammenarbeit zu stärken, die nicht nur in der Franchisekooperation besteht, sondern im Zusammengehen mit Externen, die eine andere Stärke einbringen können und beide profitieren lässt.
Die wichtigste Voraussetzung dabei ist allerdings, die eingehende Prüfung, ob effektiv ein Synergieeffekt für beide Kooperationspartner besteht, ob der Zusammenschluss markenkompatibel ist und Mehrwerte für die Zielkunden schafft und wie der gesamte Marketing-Mix und letztendlich das Franchise-Angebot entsprechend ausgestaltet werden müssen. 

2. Healthstyle:

In einem Referat für ein Biokosmetik-Unternehmen haben wir 2006 festgestellt, dass der Begriff „Gesundheit“ bei Google 32 Mio. Einträge liefert – heute haben sich die Einträge exakt verdoppelt. Der Gesundheitsmarkt boomt weiterhin und erreicht viele Branchen. Die Grundthemen des Trends sind Prävention und Gesunderhaltung und das beinhaltet nicht nur die Fitness- und Wellnessbranche sowie die Gastronomie mit Fast-Food und Slow-Food-Konzepten. Gesundheit bietet sich als Mehrwert im Einzelhandel an mit Bio-Märkten/-Sortimenten und/oder regionalen Lebensmittelanbietern, die vor allem auf Frische und Nähe setzen. Verschiedene Dienstleistungskonzepte von der Ernährungsberatung bis hin zum Personal Coach werden weiterhin den Markt erobern. Dabei wird sich auch die Spreu vom Weizen trennen, denn unter Healthstyle wird zunehmend Ganzheitlichkeit verstanden. D.h., dass Gesundheit als „Gesamtkonzept“ verstanden wird und neben Angeboten, die vor allem positiv auf den Körper wirken mit Ernährung, Pflege und Bewegung, auch die geistige Fitness und mentale Stärke einbezogen werden sollte. Das gibt gute Chancen für Kooperationen verschiedenster Anbieter aus den einzelnen Teilbereichen.

Der Healthstyle erreicht aber auch vermehrt die stetig steigende Anzahl an Haustieren. Auf Letztere haben Ernährungssünden und die soziale Umwelt ebenso einen Einfluss wie auf ihre menschlichen Begleiter. Unterstützt durch verschiedenste Fernsehsendungen mit Hundecoaches und Tierdoktoren werden auch die Angebote im franchisierten Dienstleistungsbereich immer zahlreicher. So gibt es spezielle Franchisen im medizinischen Bereich wie z.B. SmartVet-Tierarztpraxen mit hanseatischem Ursprung, Trainingskonzepte mit therapeutischem Ansatz wie Bark Busters aus Australien (https://www.barkbusters.com.au/dog-training-franchise-business-opportunity), das bereits mit 270 Franchisenehmern/-nehmerinnen in den USA, Japan, Grossbritannien, Belgien, Frankreich etc. vertreten ist und weiter auf Expansionskurs ist. Aber auch Dienstleistungen, die eine wichtige Lücke schliessen in diesem Umfeld wie Tierpensionen oder Ambulanz und Taxi-Services für Tiere wie z.B. das britische Franchisesystem Animals at home (https://www.animalsathome.co.uk/animals-at-home-franchises/).

3. Individualisierung:

Die Grundthemen sind Selbstreflexion und Bedürfnisorientierung. „Die Individualität ist die Quelle allen Fortschritts“ (Mahatma Gandhi).
In diesem weisen Zitat steckt vielleicht einer der Gründe, warum wir heute so sehr auf der Suche sind nach Möglichkeiten, die unsere Individualität besser kennzeichnen – vom Massanzug bis hin zum persönlichen Fitnessprogramm. Wir leben in einer Zeit, in der so viel möglich geworden ist, ob es um die persönliche oder auch berufliche Entfaltung geht. Der Lebensplan ist nicht mehr vorstrukturiert durch feste Rollen. Der Bedarf an personalisierten Produkten und Services entspringt eben dieser Individualisierung der Gesellschaft zumindest in der westlichen Welt – denn Wohlstand und Demokratie rücken das Individuum und seine Unabhängigkeit immer mehr in den Vordergrund. In einem Artikel von Reinier Evers im GDI Impuls/Frühjahr 2007 (3) wird sogar vom „Youniversum“ und den „Hyperindividualisten“ gesprochen. „Die Konsumenten sind individualisierter denn je; sie erwarten von jeder Ware und jeder Dienstleistung, dass sie auf ihr ureigenes Selbst abgestimmt ist.“ Und so werden wir in allen Bereichen, in allen Branchen Individualisierungskonzepte erleben entweder aus Standardprogrammen zugeschnittene Produkte und Dienstleistungen oder speziell hergestellte Waren wie es z.B. das System Paint your Style (Ideen auf Keramik) anbietet.

Wichtig, um diesem Trend gerecht zu werden, ist das Eintauchen in die tatsächlichen Anforderungen und Bedürfnisse der Kunden und Kundinnen und eine entsprechende Kostenkalkulation, in welchem Mass sich Individualisierung rechnet.

4. Demografischer Wandel:

Die Grundthemen sind Selbstverständnis und Anpassung. In unserer Trendvorschau 2006 hatten wir den Demografischen Wandel mit einigen Zahlenbeispielen untermauert und 4 Jahre später beginnt die Prognose, dass die über 50-Jährigen, die Baby Boomer-Generation (1940 – 1960) in Europa die Mehrheit bilden, Realität zu werden (4).  Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung, sondern auf die gesamte Angebotsstruktur von Waren und Dienstleistungen bis hin zur Distribution und Präsentation. Aber auch Lebensformen, Kommunikations- und Rollenmuster werden neu überdacht werden müssen, denn zunehmend rekrutieren sich Franchisepartner und –partnerinnen wie die Zielkundschaft aus dem gehobenen Alterssegment. Längst spricht man von Best Agern und weiss nicht nur um deren Kaufkraft, sondern auch Agilität und Veränderungswünschen. Leider gehen manche Konzepte mit einer Stigmatisierung des Alters einher und gehen weniger auf die tatsächlichen Wünschen der Kunden/Kundinnen und Partner/innen ein. Nicht das Kaufhaus für 50plus ist erfolgversprechend, sondern der Nutzen des Produktangebotes bzw. die Lösungen, die dort geboten werden. Denn jahrelang wurden über das Marketing die Konsumenten „jung gehalten“ sei es über Nahrungsergänzung, Kosmetik, Mode etc., so ist das gefühlte Alter der heutigen 50plus-Generation weitaus jünger und differenzierter als vormals in der Kriegsgeneration (vor 1940 geboren).
Dieser Trend hält eine breite Palette an Möglichkeiten parat, die bisher nur geringfügig wahrgenommen wurden. Hier kommt es auf eine genaue Beobachtung an, die auch bereits bestehende Franchiseaunternehmen vermehrt kultivieren sollten, um ihr Angebot entsprechend anzupassen oder auszubauen.

(1): Siehe dazu auch das Interview im Magazin FranchiseErfolge Februar/März 2010, Info unter www.franchise-erfolge.de
(2): http://www.franchiseportal.de/franchise-news/Franchise-Geber-Sagaflor-Erfolgreiche-Zusammenarbeit-mit-BSR-Logistik-Gruppe.htm   
(3): GDI Impuls, „Züchtet Kleinvieh“ – warum Sie mit Nischenprodukten grösseren Erfolg haben als mit Massenware“, Gottlieb Duttweiler Institut Frühjahr 2007
(4): „Health Horizons“, GDI Studie 2006, www.gdi.ch

22.03.2010 ©copyright Bellone Franchise Consulting GmbH

Prof. Veronika Bellone
Prof. Veronika Bellone
Bellone FRANCHISE CONSULTING GmbH

Erhalten Sie Experten-Knowhow im Newsletter!