Ratgeber & Podcast

für Franchisezentralen

Geschäftsprozesse in der Franchise-Zentrale

Michaela Jung: Guten Morgen liebe
Franchise-Community, ich melde mich heute aus London und freue mich auf einen
spannenden Live-Chat, Ihre Michaela Jung

Leser: Guten Morgen Frau Jung! Mit welchen
Schwierigkeiten ist die Identifikation und Optimierung von Prozessen in der
Franchise-Zentrale verbunden?

Michaela Jung: Guten Morgen lieber
Live-Chatteilnehmer, Franchise-Zentralen erledigen ihre Arbeiten meist nach dem
Prinzip der Dringlichkeit bzw. Anfrage von den Franchise-Partnern. Dabei kann es
eventuell dazu kommen, dass Arbeiten “untergehen” d.h. nicht erledigt werden;
bzw. auch mal doppelt erbracht werden. Gründe dafür sind einerseits, dass es
keine klar definierten Prozesse in der Franchise-Zentrale gibt, und
andererseits, dass die Mitarbeiter kein klares Bild von ihren Aufgabenbereichen
haben: wer ist wofür verantwortlich?!

Leser: Guten Morgen nach London. Was würden
Sie unternehmen, um den Rekrutierungsprozess zu optimieren? Momentan verlaufen
viele Anfragen im Sande, da die Kandidaten entweder nicht das passende Profil
oder nicht das notwendige Eigenkapital mitbringen.

Michaela Jung: Guten Morgen! Wenn Ihre
Kandidaten nicht das passende Profil mitbringen, dann sollten Sie bitte intern
nochmals am “Anforderungsprofil an den idealen Franchise-Partner” arbeiten:
welche Eigenschaften bringt er mit in Hinblick auf persönlich, fachlich,
finanziell?! Wenn Sie dazu ein klares Anforderungsprofil definieren können, dann
fällt es Ihnen im nächsten Schritt leichter, dieses Anforderungsprofil auch nach
außen zu kommunizieren. D.h. konkret, geben Sie bereits auf Ihrer
Rekrutierungs-Website umfassende Informationen, welche Partner Sie suchen und
lassen Sie Ihre Interessenten einen Online-Franchise-Antrag ausfüllen zum 1.
Abchecken der Franchise-Eignung, bevor Sie lange Telefonate führen, die für
beide Seiten nicht zielführend sind.

Leser: Welche Bedeutung hat für Sie die
Strukturierung der Unternehmensprozesse für den Erfolg eines
Franchise-Systems?

Michaela Jung: Lieber
Live-Chatteilnehmer, Franchise-Zentralen sind meist “schlank” organisiert, d.h.
wenige Mitarbeiter erbringen viel Unterstützungsleistung für die
Franchise-Partner. Darum ist organisiertes, strukturiertes Arbeiten anhand von
definierten Prozessen eine Notwendigkeit, damit einerseits die Franchise-Partner
die notwendige Unterstützung bekommen und andererseits die Franchise-Zentrale
gewinnbringend arbeiten kann.

Leser: Welche technischen Hilfsmittel können
Sie zur Visualisierung der Prozesse empfehlen? Was halten Sie von der Verwendung
von Mindmap? Oder sollten wir auf ein Programm setzen, das gleichzeitig die
Analyse und Dokumentation der Prozessstrukturen ermöglicht?

Michaela Jung: Lieber
Livechat-Teilnehmer, das hängt ein bisschen davon ab, wie Sie ihre interne
“IT-Architektur” bereits in anderen Bereichen gestaltet haben. In der Praxis
erleben wir sehr oft, dass mit Excel die Prozesse der Franchise-Zentrale
beschrieben werden – einfach, und gleichzeitig ausreichend.

Leser: Zum Thema IT-Architektur: Welche
Bedeutung haben IT-Services für die Optimierung von Unternehmensprozessen?

Michaela Jung: Lieber
Live-Chatteilnehmer, ich denke in der Franchise-Zentrale muss klar sein, welche
Prozesse dokumentiert werden sollen und in welcher Tiefe. Das Tool sollte darauf
abgestimmt werden. Und gerade in Franchise-Systemen gilt es kleine,
kostenattraktive Lösungen zu finden, die es dem Franchise-Geber ermöglichen von
Anfang an mit professionell definierten Prozessen zu arbeiten.

Leser: Guten Morgen Fr. Jung. Welches sind aus
Ihrer Erfahrung die wichtigsten Funktionen / Organizationseinheiten, die: 1)
eine nationale Systemzentrale standardmässig abdecken sollte? 2) eine
internationales Head Quarter standardmässig abdecken sollte?

Michaela Jung: Guten Morgen lieber
Live-Chatteilnehmer, wenn wir für unsere Kunden Prozesse-Manuals erarbeiten,
dann nehmen wir uns meist einen Tag Zeit, um gemeinsam die relevanten Bereiche
in der Franchise-Zentrale zu definieren sowie deren eventuellen externen
Schnittstellen nach außen. D.h. Bereiche können etwa sein: Franchise-Management,
Partner-Management, Assistenz, Marketing & Sales, Produk/DLen, Training,
Finance, Controlling&Benchmarking, Einkauf, Logistik, Legal, etc. … Meist
bietet das sogenannte Franchise-Leistungspaket einen guten Orientierungsrahmen,
welche Bereiche in einer Franchise-Zentrale notwendig sind. Und dann gibt es
natürlich auch noch “Schnittstellen nach außen” etwa zu externen Spezialisten,
mit denen das Team der Franchise-Zentrale zusammenarbeitet, etwa Anwälte,
Steuerberater, Marketing-Experten, etc.

Leser: In der Literatur über “Good Corporate
Governance“ ist vom „Wertesystem“ als strategische und operative
Managementaufgabe die Rede. Inwieweit fließt das Wertesystem in die
Ausgestaltung der Prozesse einer Franchise-Zentrale hinein?

Michaela Jung: Lieber
Live-Chatteilnehmer, meiner Meinung nach steckt in dem Bestreben ein
Prozesse-Manual zu erstellen bereits eine unternehmerische Haltung, nämlich
einerseits das Bestreben den Franchise-Partnern professionelle Unterstützung zu
bieten und gleichzeitig den Mitarbeitern in der Franchise-Zentrale klare
Aufgabenbereich zu geben, sodass jeder weiß, was er selbst und seine Kollegen zu
tun haben und nicht ein nebeneinander Arbeiten, sondern ein aufeinander
abgestimmtes Arbeiten möglich wird.

Leser: Mit welchen Maßnahmen zur
Partnergewinnung lassen sich besonders hochwertige Kontakte generieren? In
welchen Schritten sollten die Leads bearbeitet werden?

Michaela Jung: Lieber
Live-Chatteilnehmer, Grundvoraussetzung ist für mich ein klares
Anforderungsprofil, daraus abgeleitet die möglichen Zielgruppen, in den
Interessenten zu finden sind. Diese Zielgruppen sollten Sie nach Priorität
reihen: welche Zielgruppe verspricht das höchste Partnerpotenzial? Diese gehen
Sie als erstes an! Welche Instrumente der Ansprache sind für diese Zielgruppe
passend? Da braucht es im nächsten Schritt einen geeigneten Mix, etwa
Rekrutierungs-Website, Systemdarstellungen, Präsenz in Online-Portalen, auf
relevanten Medien, die Mitgliedschaft im nationalen Franchise-Verband, das
Halten von Vorträgen / Infoveanstaltungen, etc. Kommen die ersten Anfragen, dann
braucht es klare Prozesse in der Franchise-Zentrale: wer ist der 1.
Ansprechpartner für Interessenten? Welche Unterlagen erhält der Interessenten im
ersten Schritt (innerhalb welchen Zeitraums)? Welche Unterlagen / Informationen
muss ein Interssenten von sich übermitteln, damit der nächste Schritt gegangen
werden kann – die Einladung zu einem persönlichen Kennenlern-Gespräch in die
Franchise-Zentrale! Wichtig ist, laden Sie die Interessenten zu sich in die
Zentrale ein und reisen Sie nicht selbst – das erspart Ihnen vielleicht “leere
KM” und der Interessent kann sich vor Ort ein Bild machen.

Leser: Würden Sie die Analyse bestehender
Unternehmensprozesse eher über spezielle Workshops oder anhand von
Einzelinterviews mit den Prozessverantwortlichen in Angriff nehmen?

Michaela Jung: Lieber
Live-Chatteilnehmer, wir machen meist eine Kombination aus beidem: d.h. zuerst
beginnen wir mit einem Auftakt-Workshop, in dem alle Mitarbeiter der
Franchise-Zentrale zusammen kommen und das Projekt erklärt wird und die
relevanten Bereiche definiert werden. Dann folgt eine Arbeitsphase in der jeder
Mitarbeiter für seinen Bereiche den Prozessablauf niederschreibt und – mit
Unterstützung des Projektleiters – optimiert. Der Projektleiter führt alle
Prozesse zusammen im sogenannten Prozesse-Manual. In der Halbzeit und zum Ende
des Projektes wird bei gemeinsamen Workshops jeder Prozess durchbesprochen und
gemeinsam fertiggestellt.

Leser: Wir suchen eine Software, die keine
umfangreiche Einarbeitung erfordert. Mit ihr sollten die Aktivitäten und ihre
Verknüpfungen oder Verkettungen sich schnell und übersichtlich darstellen
lassen. Können Sie mir eine konkrete Software empfehlen?

Michaela Jung: Lieber
Live-Chatteilnehmer, wie erwähnt arbeiten wir selbst sehr oft mit Excel, da dies
für die Art und Weise wie wir Prozesse dokumentieren ausreichend ist und der
Einsatz von bestehender Standard-Software durchaus Vorteile hat, weil vertraut
für die Mitarbeiter der Franchise-Zentrale. Gleichzeitig sind wir immer auf der
Suche nach professionellen Tools, die spezialisiert eingesetzt werden können.
Einen Testlauf haben wir aktuell mit Bizagi – probieren Sie das doch mal
aus.

Leser: Wie lassen sich aus den
Unternehmensprozessen die Führungs-, Kern- und Unterstützungsprozesse
ableiten?

Michaela Jung: Lieber
Live-Chatteilnehmer, wir lösen dies, indem wir bei der Prozessbeschreibung
mittels eines Zahlen-Rankings festlegen, wer der “Prozess-Owner” ist. Konkretes
Beispiel: Ein Franchise-Interessent nimmt Konktakt auf. Der Franchise-Manager
ist in diesem Fall “Prozess-Owner” und führt ein erstes Telefonat mit dem
Interessenten, danach bittet er die Assistentin um Zusendung der vereinbarten
Unterlagen und Erfassung des Interessenten in der internen Interessenten-Datei.
Der Franchise-Manager erhält die “1”, weil er für den Prozess verantwortlich
ist, die Assistentin die “2”, weil sie im Prozess mitarbeitet und der
Interessent die “3”, weil er im Prozess beteiligt ist.

Leser: Zum Thema International vs. Nationale
Länderzentrale: Welches sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Leistungen, die
eine Internationale Zentrale gegenüber einer Länderzentrale (100% Tochter)
erbringen sollte?

Michaela Jung: Lieber
Live-Chatteilnehmer, die wichtigste Leistung der internationalen Zentrale ist
die Bereitstellung des systemspezifischen Know-hows in Form eines
Franchise-Handbuches, eines Intranets mit den Tools zur Umsetzung und
Organisations-Know-hows in Bezug auf “wie baue ich eine Franchise-Zentrale
auf?”. Oft ist es so, dass das systemspezifische Know-how mittels
Franchise-Handbuch weitergegeben wird, allerdings ist das vorrangig Know-how für
den Franchise-Partner. Was oft vergessen wird ist das Know-how für den Aufbau
und die Entwicklung des Franchise-Systems im Land der Länderzentrale (inklusive
Gebietsentwicklungsplan). Und wichtig ist auch eine klare Aufgabenteilung in
Bezug auf “wer leistet was”, um das Franchise-Handbuch und die ergänzenden Tools
auf die nationalen Gegebenheiten und Besonderheiten anzupassen – hier braucht es
eine klare Abgrenzung zwischen internationaler Zentrale und der
Länderzentrale.

Leser: Vielen Dank für Ihre Einschätzung mit
Excel und Ihren Tipp Bizagi. Sollen wir uns denn bei der Prozessabbildung eher
auf die Standardprozesse konzentrieren oder auch die Sonderfälle möglichst
umfassend berücksichtigen?

Michaela Jung: Lieber
Live-Chatteilnehmer, wir strukturieren die Prozesse der Franchise-Zentrale
entlang der “timeline einer Franchise-Partnerschaft”, d.h. welche Arbeiten
fallen in der Franchise-Zentrale an in der Phase der Rekrutierung eines
Franchise-Partners, welche in der Phase der Anbindung / Systemintegration,
welche in der laufenden Franchise-Partnerschaft und welche in der sensiblen
Phase der Trennung von einem Franchise-Partner? Vielleicht gibt es dann noch
“neutrale” Prozesse (Sonderfälle), die zusätzlich zu beschreiben sind. Der
leichteste Einstieg ist die Beschreibung der Rekrutierung: “Was passiert alles
in der Franchise-Zentrale bis ein Interessent zum Frachise-Partner wird (bis zur
Vertragsunterzeichnung)?

Leser: Sie sprechen die Rekrutierungs-Website
an: Wie sollte denn eine professionelle Rekrutierungsseite im Internet aussehen?
Sollte sie in die bestehende Homepage integriert oder als eigenständige Website
entwickelt werden? Worauf ist besonders zu achten?

Michaela Jung: Lieber
Live-Chatteilnehmer, wir empfehlen die Rekrutierungswebsite als Teil der
Unternehmenswebsite zu gestalten. Meist gibt es da dann einen Bereich der heißt
“Franchise-Partner werden”, “selbstständig werden”, ” Franchise”, “Chef werden”
etc. Schauen Sie doch mal, welche Franchise-Systeme sich im Franchise-Portal
präsentieren und wie die eine Franchise-Partnerschaft auf ihrer Website
anbieten. Wichtig ist, dass Sie auf der Rekrutierungswebsite – wie auch in einer
Systemdarstellung – die “Franchise-Existenz” anbieten und nicht zuallerst die
Produkte/DLen. Beschreiben Sie klar, was sind Ihre Leistungen als
Franchise-Geber in der Partnerschaft und was erwarten Sie umgekehrt von einem
zukünftigen Franchise-Partner (Anforderungsprofil: persönlich, fachlich,
finanziell).

Leser: Sehen Sie das Modulieren von
Unternehmensprozessen eher als technische Herausforderung oder als Frage des
gesunden Menschenverstandes?

Michaela Jung: Liebe
Live-Chatteilnehmerin, das Prozesse-Manual ist ein “Handwerkszeug” / ein Tool
für die Mitarbeiter der Franchise-Zentrale, das ihnen die Arbeit erleichtern
soll, um effizient für die Franchise-Partner arbeiten zu können. Es soll einfach
in der Nutzung sein und keine technische Herausforderung darstellen!

Leser: Welche Auswirkungen hat die
Informationstechnologie auf die Strategieentwicklung in
Franchise-Systemen?

Michaela Jung: Liebe
Live-Chatteilnehmerin, Franchise-Systeme starten meist eher als kleine /
mittelständische Unternehmen, sind inhabergeführt und das Thema der Finanzierung
der Entwicklung eines Franchise-System hat oft oberste Priorität. Unter diesen
Voraussetzungen muss die IT in Franchise-Systemen kostenattraktiv und
bedienerfreundlich sein. Gerade in den Bereichen Know-how-Transfer (etwa
Franchise-Handbuch, Inranet, Training), aber auch rund um die Ware (Bestellung,
Lieferung, Verkauf) sowie in den Bereichen Marketing (web to print) und
Controlling & Benchmarking hat sich vieles verändert. Die strategische
Ausrichtung eines Franchise-Systems ist klar: wenn die Franchise-Partner
erfolgreich sind, dann ist auch das Franchise-System erfolgreich. Darum muss
alle IT ein Ziel haben, den Erfolg der Franchise-Partner zu erhöhen.

Leser: Ich betreibe mein eigenes Unternehmen
und möchte daraus jetzt ein Franchisesystem machen. Ich habe verstanden, dass
ich klare Prozesse benötige, um diese an meine Franchisenehmer weitergeben zu
können. Dies geschieht glaube ich im Handbuch. In welcher Form sollte ich unsere
Prozesse 1. Erfassen und 2. Dokumentieren? Ich denke da an Fließtext vs. Grafik.
Wie wichtig sind Prozessabbildungen mit Pfeilen und Gabelungen?

Michaela Jung: Lieber
Live-Chatteilnehmer, bitte unterscheiden Sie zwischen der Know-how-Dokumentation
für den Franchise-Partner im sogenannten Franchise-Handbuch: hier erhält der
Franchise-Partner das systemspezifischen Anwendungs-Know-how inklusive
Prozessbeschreibungen (in Textform); und zwischen dem Prozesse-Manual für die
Mitarbeiter der Franchise-Zentrale: hier werden stichwortartig die Arbeiten der
unterschiedlichen Bereiche in der Franchise-Zentrale beschrieben anhand der
timeline einer Franchise-Partnerschaft. Im Franchise-Handbuch für den
Franchise-Partner empfehle ich Ihnen eine zusammenhängende, hochwertige
Know-how-Dokumentation zu erstellen, die auch die Bedeutung und den Wert ihres
Franchise-Systems unterstreicht. Gleichzeitig ist das Franchise-Handbuch auch
Schulungsunterlagen für die Grundausbildung Ihrer Franchise-Partner.

Leser: Wo finde ich eine Übersicht über
Prozesse, die in einem typischen Unternehmen zu finden sind. Gibt es eine Art
Checkliste, die Punkte wie Neukundenakuise, Angebotserstellung,
Produktionsvorgang, Reklamationsbehandlung etc. nennt, so dass ich keinen
Prozess bei der Dokumentation übersehe?

Michaela Jung: Lieber
Live-Chatteilnehmer, eine gute Vorbereitung auf die Definition von relevanten
Bereichen bietet das eigene Franchise-Leistungspaket, das Sie ausführlich in
Ihrer Know-how-Dokumentation (dem Franchise-Handbuch) beschrieben haben. D.h.
die Gliederung des Franchise-Handbuch ist ein erster guter Schritt, um zu
definieren, welche Arbeiten / Prozesse fallen in der Franchise-Zentrale an, um
die im Franchise-Handbuch beschriebene Leistung für den Franchise-Partner zu
erbringen. Das Franchise-Handbuch ist der Spiegel des Prozesse-Manuals.

Leser: Ich nehme an, dass nicht jeder
Handgriff im Prozessmodell erfasst werden muss. Wo aber befindet sich die
Grenze?

Michaela Jung: Lieber
Live-Chatteilnehmer, idealerweise ist ein Prozesse-Manual so in die Tiefe
formuliert, dass ein neuer Mitarbeiter anhand des Prozesse-Manuals in seine
Aufgaben eingeschult werden kann bzw. selbstständig danach arbeiten kann.

Leser: Verstehen Sie unter Prozessen im
Franchisesysteme eine Beschreibung der Abläufe im Alltagsgeschäft oder steckt da
noch mehr hinter?

Michaela Jung: Lieber
Live-Chatteilnehmer, im Franchise-Manual werden die Abläufe für das
Alltagsgeschäft des Franchise-Partners beschrieben – im Prozesse-Manual werden
die Abläufe für das Alltagsgeschäft der Mitarbeiter in der Frachise-Zentrale
beschrieben.

Leser: Bestimmt kann man in unserem kleinen
Unternehmen manche Prozesse auch optimieren. Sollte ich erst dokumentieren und
dann optimieren? Oder am grünen Tisch mir Optimalprozesse ausdenken und dann
dokumentieren, ohne zu wissen, ob ich alle Sonderfälle berücksichtigt
habe?

Michaela Jung: Lieber
Live-Chatteilnehmer, ich empfehle Ihnen den konkreten Fall zu dokumentieren,
d.h. nicht beschreiben “wie könnte der Prozess der Marketingplanung aussehen?”,
sondern vom zuständigen Mitarbeiter (vielleicht sind das ja Sie selbst in
Personalunion) den real stattfindenden Prozess beschreiben lassen und dann
überlegen, ob Verbesserungen notwendig sind und diese einerseits einführen, d.h.
in den Arbeitsalltag der Franchise-Zentrale integrieren und gleichzeitig im
Prozesse-Manual dokumentieren.

Leser: Hallo Frau Jung, welche
Integrationsprozesse sind bei der Aufnahme neuer Franchise-PartnerInnen
vorzusehen?

Michaela Jung: Hallo liebe
Live-Chatteilnehmerin, ist der Franchise-Vertrag mit einem neuen
Franchise-Partner unterschrieben beginnt die intensive Phase der
Systemintegration, die oft in der Eröffnung des neuen Standortes gipfelt. In
dieser Zeit sind alle Abteilungen / Bereiche einer Franchise-Zentrale
involviert, die dazu beitragen, dass der Franchise-Partner einen möglichst
optimalen Start / Eröffnung hat. Vor der Vertragsunterzeichnung beginnt schon
die Suche eines geeigneten Standortes, dann kommen die Themen und Bereiche der
Finanzierung, Wirtschaftsplanung hinzu. Der Bau / Umbau will geplant sein,
genauso die Einrichtung und Ausstattung, die Marketing- und Vertriebsaktivitäten
müssen geplant werden, geeignete Mitarbeiter gesucht werden und der
Franchise-Partner und seine Mitarbeiter geschult werden. All diese
Einzelschritte werden in Franchise-Systemen meist in einem übergeordneten
Projektplan zusammengeführt, der vom Franchise-Manager / Partner-Manager im
Dialog mit dem Franchise-Partner festgelegt und bearbeitet wird. Die relevanten
Abteilungen / Bereiche, die im Projektplan definiert sind, sind dann Teil dieses
Integrationsprozesses – manches mal auch “Partner-ans-Netz-Plan” genannt.

Leser: Guten Tag Frau Jung, ich habe ein
Problem und hoffe, dass Sie mir einen Tipp geben können. Häufig haben Prozesse
viele Verzweigungen und folgen nur selten einer einzelnen Ideallinie. Wie
bekomme ich bei der Dokumentation eine verständliche Struktur hinein? Wie kann
ich die Dokumentation angehen, dass ich mich selber bei der Prozessbeschreibung
nicht verzettel vor lauter „falls ja – rechts rum“, „falls nein – links rum“
„falls keine Antwort – geradeaus“? Ein paar wenige Verzeigungen kann ich
aushalten, doch bei meinen ersten Versuche stoße ich recht schnell vor lauter
Verzeweigungen an meine Grenzen.

Michaela Jung: Lieber
Live-Chatteilnehmer, wir bemühen uns die Prozese-Manuals wirklich einfach zu
halten, weil sie reine Arbeitsmaterialien der Franchise-Zentrale sind. Oft
behelfen wir uns die durchnummerierten Prozessschritte in ihren Verzweigungen
(etwa Entscheidung FÜR den Franchise-Interessenten, dann Einladung zum
Zweitgespräch / Entscheidung GEGEN den Franchise-Interessenten, dann
Absageschreiben) mittels Buchstaben; also 14.A Entscheidung FÜR / 14.B
Entscheidung GEGEN. Wenn Sie Lust haben schreiben Sie mir doch eine Mail an
michaela.jung@syncon.at und ich sende Ihnen einen beispielhaften Prozess zu, zur
Veranschaulichung, wie wir das so machen.

Leser: Bin ich als Franchisenehmer gezwungen
alle Prozesse einzuhalten? Kann ich Prozesse optimieren, wenn es bei mir anders
besser funktioniert? Falls nein, wo bleibt da das Unternehmertum, welches mir
versprochen wird?

Michaela Jung: Lieber
Live-Chatteilnehmer, das Feedback durch die Franchise-Partner an die
Franchise-Zentrale ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für Franchise-Systeme. D.h.
die Erfahrungen und Vorschläge der Franchise-Partner aus den Geschäften vor Ort
/ im Kontakt mit den Kunden tragen zum kontinuierlichen Prozess der
Systemoptimierung bei. Wichtig ist, dass Ihre Verbesserungsvorschläge, Ideen,
Erfahrungen, Kritik so in das Franchise-System einfließen können, dass
Verbesserungen zum Wohle aller Franchise-Partner entstehen können. Das macht zum
Beispiel die Mitarbeit in einem Franchise-Beirat möglich! Auch regionale Treffen
von Franchise-Partnern zum Erfahrungsaustausch sind ein guter Rahmen und
selbstverständlich auch das persönliche Gespräch mit dem Partner-Manager.
Gleichzeitig gilt Systemvorgaben sind kein “Knebelungsinstrument” Ihres
Franchise-Gebers, sondern beruhen auf Erfahrungswerten und sollen Ihnen als
“Leitplanken zu Ihrem persönlichen und wirtschaftlichen Erfolg”
weiterhelfen!

Leser: Wie lege ich fest, wie tief ins Detail
ich gehen muss? Muss ich meinen Partnern jeden einzelnen Klick am Computer
diktieren? Wie grob kann ich werden?

Michaela Jung: Lieber
Live-Chatteilnehmer, für das Prozesse-Manual für die Mitarbeiter der
Franchise-Zentrale gilt: Beschreiben Sie gut in die Tiefe, dass das
Prozesse-Manual zur Einschulung neuer Mitarbeiter eingesetzt werden kann. Im
Franchise-Handbuch und im Intranet für Ihre Franchise-Partner gilt: Fragen, die
Sie nicht im Franchise-Handbuch beantworten, Abläufe, die Sie nicht definieren
… müssen Sie dann später meist telefonisch beantworten. D.h. natürlich müssen
Sie Ihrem Franchise-Partner nicht jeden Klick am Computer diktieren, aber –
überspitzt formuliert – dass es seine Aufgabe ist zu klicken (und nicht Ihre)
muss klar sein. D.h. im Franchise-Handbuch ist klar die Aufgabenteilung zwischen
Franchise-Zentrale und Franchise-Partner beschrieben.

Leser: Die Standardisierung umfasst neben
Arbeitsabläufen und einheitlicher Produktpalette mit festgeschriebenen
Qualitätsstandards auch das Erscheinungsbild und die Einrichtung der Filialen.
1. Sind die Produktpaletten identisch, und werden diese zentral entwickelt und
zusammengestellt? 2. Existiert ein Konzept zur einheitlichen Gestaltung der
Gebäude-, der Außen- und Inneneinrichtung und des Gerätesortiments? 3. Ist der
Kundenservice hinsichtlich Bestellannahme, Bedienung und Reklamationsbearbeitung
vereinheitlicht?

Michaela Jung: Liebe
Live-Chatteilnehmerin, Franchise-Systeme brauchen einen hohen Grad an
Standardisierung als Voraussetzung für die Multiplikation. Erst was
standardisiert und dokumentiert ist, kann mit x-beliebigen Partnern
multipliziert werden. D.h. alle Bereiche des Franchise-Systems müssen soweit
standardisiert sein (wie etwa von Ihnen oben beschrieben), dass die
Franchise-Zentrale und der Franchise-Partner wissen, wer, was, wie, wann, wo,
mit wem, wozu (Nutzenargument für den Franchise-Partner) zu tun hat, damit für
den einzelnen Franchise-Partner und für das gesamte Franchise-System Erfolg
möglich wird.

Michaela Jung: Liebe
Live-Chatteilnehmer, herzlichen Dank für den spannenden Austausch!! Fragen, die
noch offen geblieben sind beantworte ich gerne persönlich, oder auch per Mail.
Freundliche Grüße, Michaela

Michaela Jung
Michaela Jung
SYNCON International Franchise Consultants

Erhalten Sie Experten-Knowhow im Newsletter!