Ratgeber & Podcast

für Franchisezentralen

Internationalisierung von Franchise-Netzwerken

Veronika Bellone: Guten
Morgen, liebe Chat-Teilnehmer/innen. Ich freue mich auf Ihre Fragen. Ihre
Veronika Bellone

Leser: Guten Morgen, Frau Professor: Warum ist
Franchising als Internationalisierungsmethode so interessant? Welche Motive der
Franchisegeber sind ausschlaggebend?

Veronika Bellone: Guten Morgen.
Franchising ist eine Wachstumsstrategie zur Marktdurchdringung und -erweiterung
– vor allem über die Grenzen hinaus. Franchising bietet sich dafür an, weil man
mittels des Franchise-Aufbaus das Geschäftskonzept 1:1 abbildet, die
Erfolgsfaktoren herausarbeitet und alles so aufbereitet und standardisiert, dass
es übertragbar wird auf potenzielle Partner. Bei der Internationalisierung ist
der Vorteil, dass eine klare Struktur und Ausgangslage vorhanden sind. Für den
Franchisegeber/die -geberin wird damit der Einstieg in einen fremden Markt
erleichtert, weil es vor allem um die Anpassungen an neue Marktgegebenheiten
geht – grundlegende Dinge aber schon vorhanden sind. Die Effizienz, Dynamik und
die finanzielle Einbindung sowie die Möglichkeit, durch die Vergabe der
Franchise an einen Masterpartner sehr konzentriert vorgehen zu können, sind die
Motive. Natürlich ist die Masterpartnerschaft nur eine von mehreren
Expansionsmöglichkeiten bei der Internationalisierung.

Leser: Guten Morgen Frau Prof. Bellone: Welche
internen Voraussetzungen müssen in der Franchise-Zentrale für die internationale
Expansion geschaffen werden?

Veronika Bellone: Zu den
Voraussetzungen gehört, dass man eine ausreichende Erfahrung auf dem Heimmarkt
hat. Das heisst, dass nicht nur das Geschäftskonzept in einem Pilotbetrieb
(mindestens einem) ausgetestet ist, sondern auch ein genügend großes Netz an
Partnern besteht, damit man bei der Internationalisierung den avisierten
Partnern im Ausland auch die Vorgehensweise zur Markterschließung betreffend
Partnerakquisition und -integration weitergeben kann. Es braucht Erfahrung mit
und in den Prozessen und Abläufen zwischen der Zentrale und den Partnern, um ein
“Master-Package zu schnüren. Das heisst all das, was Sie als Franchisegeber
bislang geleistet haben, um das Konzept vom Markenauftritt bis hin zur
Vermarktung und von der Partnerselektion bis hin zum laufenden Partnermarketing
gilt es in einem Master-Handbuch zu beschreiben, damit der Vorsprung für den
Partner im Ausland vorhanden ist. Das gibt auch den Boden, um die Gebühren zu
kalkulieren, die die Auslandsgesellschaft bzw. ein Partner für die Landesrechte
bezahlen muss.

Leser: Von mir ebenfalls einen guten Morgen an
alle Teilnehmer. Welche Kenntnisse des Auslandsmarktes sind unbedingt notwendig,
um die Gebührenstruktur zu erarbeiten? Welche Rolle spielt dabei die
Gebührenstruktur im Ursprungsland?

Veronika Bellone: Der Markt muss
untersucht werden hinsichtlich des Marktpotenzials für das Leistungsangebot und
das Partnerangebot (das Franchisepaket). Besitzen beide Angebotspakete eine
genügende Attraktivität und Relevanz im neuen Markt? Dafür würde ich
Informationen von den Franchiseverbänden einholen und mir vor allem ein Bild
Ihrer Branche dort machen, in dem ich die Medien, Struktur und die Gegenheiten
allgemein studiere. Es ist wichtig, neben der pragmatischen Seite, ein Gefühl
für den Markt zu entwickeln, um genügend Standfestigkeit bei
Vertragsverhandlungen zu haben. Die Gebührenstruktur im Heimmarkt spielt
insofern eine Rolle, dass sie aufzeigt, welcher Spielraum, welche Marge
überhaupt möglich ist, um allenfalls eine Masterposition im Ausland
“dazwischenzuschalten”. Ist das wirtschaftlich und vor allem interessant für
einen Master? Wenn Sie über Direktfranchising in einen anderen Markt gehen, dann
gilt es über die angestammten Gebühren zu gehen und den Zusatzaufwand zu
kalkulieren, der bei der Betreuung eines zusätzlichen Marktes entsteht.

Leser: Unser Sortiment verlangt ganz spezielle
Verkaufsstrategien gegenüber dem Endverbraucher. Wäre Franchising für uns eine
Lösung, wenn wir keine eigenen Filialen im Ausland betreiben wollen?

Veronika Bellone: Franchising
beruht auf dem Prinzip der Standardisierung. Ihre angesprochene spezielle
Verkaufsstrategie muss zumindest dafür geeignet sein, die Grundzüge plausibel
und eingängig beschreiben zu können, damit sie für Andere verständlich und
nachvollziehbar ist. Ob Ihr Konzept franchisierbar ist, lässt sich so jedoch
nicht beantworten – denn das hängt von vielen weiteren Faktoren ab. Zu bemerken
ist jedoch noch in Ihrem Falle, dass es auch ein genügend großes Potenzial an
Partnern geben muss, denn der Aufbau eines Franchisesystems ist kostenaufwändig
und amortisiert sich erst bei entsprechender Multiplikation des Konzeptes.

Leser: Welche Möglichkeiten der Expansion habe
ich, wenn ich in meinem Zielmarkt nicht selbst aktiv werden möchte und nur einen
Landesvertreter, quasi als Generalbevollmächtigten suche?

Veronika Bellone: Sie können die
Expansion über einen Masterpartner vornehmen – je nach Größe und kulturellen
Eigenheiten in den Regionen des Landes können das auch mehrere sein. In
Deutschland können es durchaus 3 – 5 Masterpartner sein, denen man die
Nutzungsrechte für das Konzept gegen Entgelt überträgt. Der Master hat in der
Folge eine Doppelfunktion: er ist quasi Franchisegeber in seinem Markt und
Franchisenehmer von Ihnen als Franchisegeber. Um sich neben dem Vertrag mit
einem Master noch ein gewisses Mitspracherecht zu sichern – denn die
geografische Distanz birgt auch Gefahren der Verwässerung des Konzeptes – kann
eine zusätzliche Joint-Venture Vereinbarung sinnvoll sein; d.h. man beteiligt
sich an der Gesellschaft des Masters. Es besteht auch die Möglichkeit, einen
“Area Developer”, einen Marktentwicklungspartner im Ausland einzusetzen. Dieser
kann eine ähnliche Funktion wie ein Master haben und einen Pilotbetrieb
etablieren und späterhin Partner akquirieren sowie betreuen. Oder aber er ist
für die reine Akquisition und Betreuung von regionalen Franchisepartnern
zuständig. Das Besondere daran ist jedoch, dass die Verträge mit den
Regionalpartnern mit der Zentrale also dem Franchisegeber geschlossen werden –
der Area Developer ist quasi ein “Mittler”. Der Masterpartner zum Vergleich
schließt die Verträge mit den regionalen Franchisenehmern über seine Zentrale
ab.

Leser: Welche Auslandsmärkte bieten für ein
Franchiseunternehmen nach Ihrer Einschätzung derzeit das größte
Wachstumspotential?

Veronika Bellone: Das kommt
natürlich ganz darauf an, was Sie anbieten. Ein Kunde von mir, der im Bereich
der Naturkosmetik tätig ist, hat ein enormes Potenzial in Indien und China – wo
bereits erste Vertriebspartner gefunden sind. Je nach Konzept können die
Emerging Markets interessant sein, wenn es darum geht Kleinstexistenzen
anzubieten z.B. im Handwerksbereich und Vertrieb. Es geht um den jeweiligen
Stand der Entwicklung eines Landes – dann kann man am ehesten sehen, welche
Bedürfnisse mittels welcher Konzepte befriedigt werden wollen und vor allem
können.

Leser: Guten Morgen, wie gelange ich zu einer
objektiven Einschätzung des internationalen Entwicklungspotenzials unseres
Franchise-Konzeptes?

Veronika Bellone: In dem Sie
Zahlen/Daten zum jeweiligen Marktvolumen in Ihrer Branche eruieren und die
jeweiligen “Big Player” ausfindig machen und deren Erfolgsfaktoren analysieren.
Was macht diese stark und wie sind diese vertrieblich aufgestellt? Was können
Sie diesen entgegenhalten sowohl inhaltlich betreffend Ihres Angebotes und
hinsichtlich Ihrer Vertriebsstruktur? Ebenso wichtig sind die Umfeldeinflüsse
auf den avisierten Märkten, mit welchen rechtlichen Rahmenbedingungen muss man
rechnen – mit welchen ethischen, sozialen, ökologischen, ökonomischen etc.
Welche Einflüsse wirken bremsend und welche ebnen den Weg? Sicher werden Sie
vorgängig die Märkte untersuchen, die für sie heute erste Priorität haben. Nach
einer umfassenden Analyse können sich die Prioritäten verschieben.

Leser: Anhand welcher Kriterien wählen wir
geeignete Auslandsmärkte aus und bereiten uns intern auf die Expansion
vor?

Veronika Bellone: Zunächst würde
ich diese auswählen, die kulturell am nächsten dem eigenen Markt sind. So sind
die Adaptionskosten geringer und man kann schrittweise verfolgen, wie fremde
Marktteilnehmer auf Ihr Konzept reagieren. Es geht zunächst darum, die Marke/das
Konzept möglichst schnell zu etablieren – so kann man bereits einen gewissen
Wert aufbauen, womit man interessanter für ausländische Partner wird.

Leser: Ich bin in einem Filialsystem ohne
Franchise-Erfahrung tätig, Wie stelle ich fest, ob sich für uns Franchising als
internationales Expansionskonzept eignet?

Veronika Bellone: Als
Grundvoraussetzung – auch wenn es noch so banal klingt – muss die Bereitschaft
seitens der heutigen Führungsebene gegeben sein, ein Partnersystem aufzubauen.
Franchising funktioniert nach anderen Regeln, die Franchisepartner bringen sich
finanziell ein und müssen sich in Ihrem Wirken zwar innerhalb von
Rahmenbedingungen bewegen, sie werden aber über den Weg der Überzeugung geführt.
Die Erwartungshaltung von Franchisepartnern ist sehr viel fordernder, da diese
in eine Franchise investiert hat. Und das bringt mich zu weiteren
Voraussetzungen. Aufgrund Ihrer heutigen Filialnetztstruktur sollten die
Grundlagen zum Aufbau eines (Filial-)Betriebes, zur Führung, zur Corporate
Identity etc. vorhanden sein. Jetzt geht darum zu untersuchen, ob das Konzept
weitestgehend “schlüsselfertig” beschrieben werden kann, damit es ein Partner
entsprechend rasch und verständlich übernehmen und anbieten kann. Es muss klar
sein, welches Profil Sie suchen als Partner und wie die Ausbildung auf diese
schlüsselfertige Existenz aussieht – wieviel Zeit nimmt diese in Anspruch und
wie sehen die Folgeleistungen für den Partner aus. Worin muss man als
Franchisegeber unterstützen, damit der Partner zu seinem Erfolg kommen kann?
Daraus ergeben sich dann die Kalkulationen für die Systemzentrale, die sich
weitestgehend über die Gebühren von den Partnern finanziert – so Sie nicht noch
eine zusätzliche Produktmarge haben. Dann muss der probate Weg für Ihr
Geschäftskonzept angeschaut werden, ob Direktfranchising, Masterpartnerschaft
etc. oder Mischformen – gerade für einen ersten Schritt ins Ausland vorteilhaft
ist. Das hängt wesentlich von Ihrem Angebot ab.

Leser: Kann ich einen ausländischen
Franchisepartner hinsichtlich der Herstellung, des Verkaufs, der Präsentation,
der Verpackung und des Marketing unserer Produkte strikt an unsere Vorgaben
binden?

Veronika Bellone: Es gilt immer
die Regel: Das, was Sinn macht! Der Partner sollte soweit gebunden sein, dass
die Qualität des Angebotes gesichert ist und, dass seitens des Partners alles
wahrgenommen wird, was zur Wiedererkennung der Marke/des Konzeptes dient. Das
braucht vorgängig einen entsprechenden Check, welche die markenbildenden
Elemente Ihres Systems sind. Und selbstverständlich muss eruiert werden, ob es
bezüglich Produktion sinnvoll ist und nachhaltig gedacht – wenn die Ware über
zig Wege an den Ort der Bestimmung kommt.

Leser: Gibt es im Hinblick auf
Internationalisierungsstrategien im Franchising zufällig Untersuchungen oder
Erfahrungsberichte zu den wichtigsten Ursachen wirtschaftlicher Fehlschläge? Wir
wollen möglichst aus den Fehlern anderer Franchisegeber lernen.

Veronika Bellone: Sie können sich
z.B. an den Deutschen Franchise Verband in Berlin wenden
(www.franchiseverband.com). Es gibt Veranstaltungen (z.B. bei Franchisegebern)
und Roundtables, die derartige Informationen und Erfahrungswerte weitergeben.
Außerdem würde ich an Ihrer Stelle entweder im FranchisePORTAL oder im
Franchise-Verzeichnis nach solchen Franchisegebern “fahnden”, die für Sie
interessant sind und direkt nachfragen. Viele Erfolg.

Leser: Matthew Shay, Präsident des
Internationalen Franchise-Verbands (IFA), hat einen Artikel veröffentlicht, in
dem er die internationale Franchise-Expansion als Weg aus der Wirtschaftskrise
darstellt.
(http://www.franchise-blog.de/2009/06/franchising-international-ifa-prasident-sieht-franchising-als-schlussel-in-der-krise).
Wie stehen Sie zu dieser These?

Veronika Bellone: Wie ich
eingangs erwähnt habe, ist Franchising eine Wachstumsstrategie. Ich kann nur
wachsen, wenn auch die Möglichkeiten dafür gegeben sind. Also ein genügend
großes Partnerpotenzial und natürlich eine genügend große Nachfrage im
Endabnehmermarkt vorhanden sind. Sicher gibt es bedingt durch die
Wirtschaftskrise mehr Menschen, die potenziell für die Übernahme einer Franchise
in Frage kämen, weil sie entweder den Job verloren haben oder sich aus anderen
Gründen zu einer eigenständigen, beruflichen Existenz entschließen möchten. Das
heisst für mich aber nicht zwangsweise, dass sich dadurch der Markt entspannt.
Ich denke, dass Franchise-Angebote noch stärker auf ihre Relevanz und Nachfrage
im Markt geprüft werden, denn man hat in Krisenzeiten die Wahrnehmung
“geschärft”. Und wie gesagt, es muss auch immer Abnehmer/innen für die Produkte
und Dienstleistungen geben, die im Rahmen eines Franchisesystems angeboten
werden. Ich sehe die Chance vielmehr darin, dass sich jetzt Systeme profilieren
können, in dem sie aktuelle Themen auf eine mögliche Integration in ihr Konzept
überprüfen. Zum Beispiel das Thema Nachhaltigkeit, Ökobilanz etc. – die
zukünftigen Partner/innen und Endverbraucher/innen werden zunehmend kritischer
in der Auswahl ihrer Angebote.

Leser: Ist im europäischen Ausland die
Finanzierung der Franchisenehmer ähnlich schwierig wie in Deutschland? Ideal
wäre für uns die Zusammenarbeit mit einer ausländischen Bank, die sich auch in
Deutschland engagieren möchte.

Veronika Bellone: Ich empfehle
Ihnen, Kontakt mit Herrn Dr. Dieter Fröhlich und/oder Herrn Torben Brodersen vom
Deutschen Franchise Verband aufzunehmen – diese können Ihnen weiterhelfen.
DFV/Berlin 030 278 902 12

Leser: Welche organisatorischen Probleme
begleiten regelmäßig die Umsetzung der Auslandsexpansion im Franchising?

Veronika Bellone: Häufig wird
unterschätzt, dass der so wichtige Betreuungsaufwand der Partner im Ausland
größer ist als man angenommen hat. Die Betreuung ist deshalb so wichtig, weil
gerade die geografische Distanz Gefahren birgt, dass das Konzept eine andere
Dynamik nimmt. Deswegen würde ich von vornherein den Rahmen gut abstecken,
welche Freiheiten es gibt und wo feste Regeln bestehen. Letztere gilt es mittels
der entsprechenden Maßnahmen wie Meetings, Intranet, (Telefon-)-Konferenzen etc.
zu überprüfen.

Leser: An welche Art von Organisation sollten
wir uns für Marktanalysen, Statistiken, Länderberichte etc. im Ausland wenden?

Veronika Bellone: Zum Beispiel an
die Gesellschaft für Marktforschung www.gfk.com – international tätiges
Marktforschungsunternehmen. Außerdem die Bundesämter für Statistik – zumindest
im deutschsprachigen Raum.

Leser: Ist die deutsche Franchise-Wirtschaft
tatsächlich zu sehr auf die Expansion im Inland fixiert? Fehlen unterstützende
Leistungen seitens staatlicher Stellen?

Veronika Bellone: Ich persönlich
bin nicht für übermäßige staatliche Eingriffe, weil sie das Bild verfälschen und
in ein System eingreifen, das dann an anderer Stelle scheitert.

Leser: Welche Konsequenzen hat die
Internationalisierung des Franchisings mittel- bzw. langfristig für den
deutschen Franchise-Markt? Wird es zu einem Verdrängungswettbewerb zwischen den
Franchise-Systemen kommen?

Veronika Bellone: Der
Verdrängungswettbewerb ist schon lange da. Nur die Konzepte mit der – schon an
anderer Stelle genannten – Tragfähigkeit und Anpassung an neue, wichtige
Marktgegebenheiten werden längerfristig Erfolg haben.

Veronika Bellone: Liebe
Chat-Teilnehmer und -Teilnehmerinnen. Die Zeit geht im Fluge vorbei. Danke für
Ihre interessanten Fragen. Ich wünsche Ihnen ganz viel Erfolg bei der Umsetzung
Ihrer Projekte. Ihre Veronika Bellone

Prof. Veronika Bellone
Prof. Veronika Bellone
Bellone FRANCHISE CONSULTING GmbH

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