Kauf dich glücklich!
Trendtouren gehören zu meinem Berufsalltag. Wie verändern sich Branchengepflogenheiten, Argumente und Verkaufsrituale? Wie Stadtviertel, Regionen, Transport und Verkehr. Es gibt viele Indikatoren, die schon heute zeigen, wie sich die Zukunft gestalten wird.
Das „neue“ Glück
Zu den sehr interessanten Strömungen gehört das neue Glücksempfinden. Glück, das empfunden wird, weil man sich in seiner Wertvorstellung und seinen Bedürfnissen bestätigt fühlt. Weil es Spaß macht, für eine Philosophie einzustehen, Dinge (wieder) zu entdecken, Geschichten weiterzugeben. Das eigentliche Angebot an Produkten oder Dienstleistungen ist Teil davon, aber nicht im Zentrum. Nehmen wir zum Beispiel „The Barn“ dreimal in Berlin, davon zweimal in Berlin-Mitte. Nicht mehr einfach nur ein Coffee-Shop mit Rösterei. Es ist eine eigene kleine Welt, in die man eintaucht und sich sofort wohlfühlt. Warum? Es ist der ganzheitliche Anspruch, der sich schon im Ambiente, in der geschmackvollen, rustikalen Einrichtung, in der Präsentation der Produkte und natürlich der Stimmung der Mitarbeitenden zeigt. Es ist fühlbar, wie gerne sie ihre Arbeit leisten. The Barn ist ein Statement. Qualität, die sich im ganzen Angebot vom hochwertigen, fair gehandeltem Kaffee in verschiedensten Darbietungskreationen zeigt, über selbst gebackenen Kuchen bis hin zu kleinen multikulturellen Snacks. Es sind die kleinen Gesten, wenn Gäste interessiert gefragt werden, ob die Empfehlung für das Getränk oder den Snack gut war. Alles ist so selbstverständlich miteinander verwoben, dass es „glücklich macht“ a) einen Platz zu bekommen und b) ganz neue Kaffee-Nuancen oder Snack-Variationen kennenzulernen.
Lebensgefühl statt falscher Anreize
Der zweite Leuchtturm heisst Aesop, die australische Kosmetikmarke, die weltweit fast 70 Shops hat, davon bereits zwei in der Schweiz und den ersten in Deutschland – in Berlin-Mitte. Hier ist die Besonderheit, dass dieser Shop mit Konventionen bricht. Er ist eine Mischung aus Galerie, Apotheke und Labor. Das Personal – ob in Zürich, Basel, Berlin oder Melbourne – ist absolut identifiziert mit dem Konzept. Auch hier kommt die sicht- und fühlbare Freude an der Arbeit zum Ausdruck. Hier werden nicht nur Produkte verkauft, sondern eine Philosophie, ein Lebensgefühl. Für den Gründer von Aesop, Dennis Paphitis, ist es wichtig, die Beauty-Welt anders zu denken, keine falschen Versprechen abzugeben, sondern die Verwendung von Kosmetik als Teil der Persönlichkeit zu sehen. Als das, was einem gut tut. Genuss und Wertschätzung gegenüber Mensch und Umwelt ist dabei wichtig. So enthält der Newsletter von Aesop auch nicht die übliche Eigenpromotion, sondern vor allem wertvolle Tipps aus der Kunst, Gastronomie und Kultur. Anstelle teurer Werbung, investiert Aesop in Produktproben. Und so ist nicht nur vor jedem Geschäft ein Spender mit Handlotion angebracht, auch das Ausprobieren von Produkten im Geschäft sorgt für eine lockere, fröhliche Atmosphäre. Das macht erfolgreich. Aesop wächst seit sechs Jahren jährlich um etwa 30 Prozent.
Glaubwürdigkeit erzeugt Sog
Ob Maki to go, Switcher, LUSH, Freitag, Stilrad oder viele andere Beispiele, sie alle zeigen, dass sie durch ihr Selbstverständnis, ihre Authentizität auf eine große Resonanz stoßen. Der materielle Reichtum ist dabei nicht im Vordergrund – er stellt sich ein, er folgt, weil er auf einer überzeugenden Idee basiert. Nachhaltigkeit spielt dabei eine große Rolle. Sich auf die eine oder andere Weise, umweltbewusst, sozial und kulturell engagiert aufzustellen, auf eine freudige, nicht schulmeisterliche Art, erzeugt eine Sogwirkung. Eine Anziehung auf Konsumenten und Konsumentinnen, die nach neuen Lösungen suchen. Die mit ihrem Shoppingvergnügen auch einen Beitrag für mehr Verantwortung verbinden wollen.
Eine global angelegte Studie von BBMG, GlobeScan and SustainAbility (Oktober 2013) hat ermittelt, dass international nicht nur die Liebe zum Shoppen steigt, sondern parallel dazu auch die Einstellung für verantwortungsbewusstes Einkaufen im Einklang mit Umwelt und Gesellschaft.
Glückfaktoren ermitteln
Was heißt das für das Franchise-Business? Wenn Glück heute eine ganz andere Dimension erreicht hat, dann gilt es nach den Glücksfaktoren im System und im Angebot zu fahnden. Inwieweit werden z.B. die Entwicklungsmöglichkeiten der Franchise-Nehmer/innen und Mitarbeitenden gefördert? Das ist eine zentrale Frage. Denn wenn sich diese entwickeln können, dann gibt es auch neue Impulse für das Gesamtangebot. Eine offene Führungskultur macht aufmerksam für Ideen. Lässt sich aus den Vorurteilen, aus traditionellen Mustern in der Branche Neues kreieren? Warum ist der Spaß an der ursprünglichen Geschäftsidee verloren gegangen? Wo liegen die Bremsen?
Antworten und Fallbeispiele gibt es dafür u.a. in unseren Fachbüchern „GREEN FRANCHISING“ und „Praxisbuch Franchising“ (beide im mi-wirtschaftsbuch Verlag erschienen).
Zur Person
Prof. Veronika Bellone, gebürtige Berlinerin, ist seit 1986 im Franchise-Business tätig, ehemals als Franchisemanagerin bei der Cosy-Wasch-Autowaschanlagen GmbH in Berlin und seit 1991 als selbstständige Franchiseberaterin in der Schweiz. Sie hat u.a. die Schweizer Post, Mövenpick, Fleurop, Warner Bros. und die Berliner Bäder Betriebe beraten. Zudem ist sie Professorin an der Hochschule für Wirtschaft Nordwestschweiz im Fachbereich Marketing. 2009 startet sie mit der Bellone FRANCHISE CONSULTING GmbH, mit einem relevant erweiterten Leistungsspektrum für den gesamten deutschsprachigen Raum, neu durch. In Zusammenarbeit mit dem Brand Consultant Thomas Matla, einem Spezialisten für den Aufbau nationaler und internationaler Marken, bietet Bellone FRANCHISE CONSULTING Beratungen, Coachings und Workshops rund um das Thema Franchising – von der Trend Analyse, über die Markenpositionierung, bis zur Implementierung von Franchise Systemen im Markt.
office@bellone-franchise.com; www.bellone-franchise.com; Bellone FRANCHISE CONSULTING GmbH, Poststrasse 24/ Postfach 1355, CH-6300 Zug, Tel. 0041 41 712 22 -11 Fax -10
© copyright 05.12.13