Ratgeber & Podcast

für Franchisezentralen

Klassisches Business Format Franchising versus Soft-Franchising: Hart oder weich – wo liegt der Unterschied?

Das im Rahmen der Industriellen Revolution vor über 100 Jahren entstandene klassische „Business Format Franchising“ ist im Allgemeinen auf strategische Ziele ausgerichtet. Der Franchise-Geber sucht einen durchgängigen, steuerbaren und sicheren Vertriebsweg oder will ein Handels- oder Dienstleistungskonzept ohne schützbare Vorsprungsmerkmale schnell multiplizieren. Durch den gemeinsamen Marktauftritt ist damit stets der Aufbau einer großen Marke mit hohem Bekanntheitsgrad und positivem Image verbunden.

Vor diesem Hintergrund verstehen sich strenge Vorgaben für Erscheinungsbild, Werbung Verkaufsprozess und Service als unabdingbar. Zugleich muss der Franchise-Geber zum Schutz des Goodwill seiner Marke durch ausgeprägtes Qualitätsmanagement und zeitnahes Erfolgsmonitoring darauf achten, dass seine Franchise-Nehmer konzeptionsgerecht vorgehen und wirtschaftlich erfolgreich sind. Nur dann ist sicher gestellt, dass das Netzwerk langfristig stabil bleibt und der Goodwill der Marke keinen Schaden nimmt. Mit dieser Zielsetzung ist „Business Format Franchising “ mit harten Vorgaben für die Franchise-Nehmer verbunden.

Dies gilt für den weitaus größten Teil der Franchise-Systeme im deutschen Markt und entspricht auch der im „Ethikkodex“ des Deutschen Franchise-Verbands enthaltenen offiziellen Definition: „Franchising … gründet sich auf eine enge und fortlaufende Zusammenarbeit rechtlich und finanziell selbstständiger und unabhängiger Unternehmer … Der Franchise-Geber gewährt seinen Franchise-Nehmern das Recht und legt Ihnen gleichzeitig die Verpflichtung auf, ein Geschäft entsprechend seinem Konzept zu betreiben. Das Recht berechtigt und verpflichtet den Franchise-Nehmer …, bei laufender technischer und betriebswirtschaftlicher Unterstützung durch den Franchise-Geber den Systemnamen … sowie das Know-how, die wirtschaftlichen und technischen Methoden des Geschäftssystems des Franchise-Gebers zu nutzen.“ Daraus ergeben sich zwangsläufig Vorgaben für das Verhalten des Franchise-Nehmers, zugleich aber auch die Verpflichtung des Franchise-Gebers, seine Partner intensiv zu unterstützen. Dazu gehört auch ein zeitnahes Controlling. Es entspricht einerseits der Mission des Franchise-Gebers als Erfolgsdienstleister und ist andererseits ein Erfolgssicherungsprogramm für die Franchise-Nehmer. In dieser Funktion trägt es dazu bei, negative Entwicklungen zu vermeiden, die dem Goodwill der Marke schaden könnten. Intensive Betreuung der Franchise-Nehmer einschließlich Systemcontrolling sind der wesentliche Unterschied des „harten“ Franchising gegenüber dem „weichen “.

In der Paxis sind teilweise Franchise-Systeme zu finden, bei denen die Vorgaben sowie die Unterstützung der Franchise-Nehmer durch die System-Zentrale auf ein Minimum reduziert ist und ein qualitatives sowie quantitatives Controlling durch den Franchise-Geber weitgehend entfällt. Diese Variante des Franchising wird im Allgemeinen als „Lizenzsystem“ bezeichnet, manchmal auch als „Soft-Franchising “. Sie kommt insbesondere innerhalb von Verbundgruppen des Handels vor, die im Zug der marktbedingt fortschreitenden Ausrichtung auf den Absatz franchise-ähnliche Formen annehmen oder mit einem Teil ihrer Mitglieder in bestimmten Segmenten nach dem Prinzip des Franchising kooperieren. Hier beschränken sich die Vorgaben in der Regel auf die Umsetzung des Geschäftstyps an sich, d.h. Sortiment oder Dienstleistungsprogramm, Erscheinungsbild (Corporate Design), Bezugsverpflichtung und Logistik. Hinzu kommen gewöhnlich Erfahrungsaustauschtagungen, ein motivierendes Jahrestreffen sowie eine „Speisekarte“ zur Auswahl unterstützender Dienstleistungen gegen Entgelt. In der Regel sind die Anforderungskriterien an die Franchise-Nehmer weniger ausgeprägt und daher die Zugangsbarrieren niedrig.

Diese weiche“ Variante des Franchising ist aber auch für weniger kapitalstarke Franchise-Geber attraktiv, weil sie das System mit wesentlich geringeren Investitionen entwickeln und aufbauen können. Aufgrund der geringeren Anforderungen an Franchise-Nehmer können sie zudem schneller expandieren und in Anbetracht der begrenzten Service-Intensität mit ihrer System-Zentrale leichter die „Durststrecke “ bis break even überwinden.

Bei der Frage nach dem notwendigen Maß der Vorgaben sowie in Verbindung damit auch der Unterstützung und Betreuung sind vor allem die Unternehmensziele des Franchise-Gebers und die daraus abgeleitete Markterschließungsstrategie zu beachten. Hier gibt es erhebliche Unterschiede. Ein großer Teil der marktprägenden Franchise-Systeme hat eine strategische Mission: Hersteller suchen „quasi-eigene“ und sichere Vertriebskanäle, Großhändler wollen ihre Kunden binden, Filialisten suchen Netzverdichter, Dienstleister expandieren großflächig, Systemköpfe des Handels und Handwerks multiplizieren neue Betriebstypen.
 

Angesichts solcher Zielvorgaben liegt es auf der Hand, dass nur eine straffe und konsequent geführte Kooperation mit klaren Vorgaben und strenger Selektion der Partner in Frage kommt: Business Format Franchising!

Bei der „weichen“ Variante des Franchising sind strategische Aspekte im allgemeinen weniger ausgeprägt. Ein besonderer Fall sind Verbundgruppen, die sich zunehmend zu Absatzorganisationen entwickeln. Hier geht es um konvertierendes Franchising innerhalb einer bestehenden Gruppe. Franchise-Nehmer sind die Verbundgruppenmitglieder. Keiner darf ausgegrenzt werden. Zudem gehört letztlich der Franchise-Geber den Franchise-Nehmern und hat daher nur begrenzte Durchsetzungsmacht. Eine solche Konstellation schließt ein „hartes “ Vorgehen ohnehin aus.

Davon abgesehen ist ein „weiches “ Franchise-System mit wenigen Vorgaben allenfalls dort vertretbar, wo relativ einfache standardisierte Produkte oder Dienstleistungen über ein stark differenziertes Netz mit sehr vielen Partnern vertrieben werden, und der Ausfall einzelner Partner keinen nennenswerten Imageschaden anrichten kann. Sind anspruchsvolle Produkte bzw. Dienstleistungen zu vermarkten und / oder tritt das Franchise-System unter einer großen Marke auf, dürfte „Soft-Franchising“ in der Regel ausscheiden. Hier würde ein Ausfall von Franchise-Nehmern oder Minderqualität ihrer Marktleistungen zu einem Imageschaden führen, durch den das immaterielle Kapital des Franchise-Gebers beschädigt und die Erfolgschancen der übrigen Franchise-Nehmer beeinträchtigt werden. Die zunehmende Verbreitung und Reaktionsgeschwindigkeit der modernen Medien verstärkt diese Gefahr noch. Welcher Effekt entstehen kann, lässt sich erahnen, wenn man sich vorstellt, dass ein Massenblatt und das Fernsehen an prominenter Stelle über den Verkauf von Gammelfleisch durch einen einzigen Franchise-Nehmer von McDonald’s berichten würde. Vor diesem Hintergrund hat Soft-Franchising mit seinen geringen Vorgaben, Services und Kontrollen ein begrenztes Anwendungsspektrum. 

© copyright 06.05.14

Dr. Hubertus Boehm
SYNCON Consulting GmbH

Dr. Hubertus Boehm ist seit 1972 auf die Entwicklung von Franchise-Systemen spezialisiert und gehört auf diesem Gebiet zu den Pionieren im deutschsprachigen Raum.

Erhalten Sie Experten-Knowhow im Newsletter!