Nachhaltigkeit – Modische Randerscheinung oder Mehrwert im Markenaufbau?
Seit 2009 wird das Thema „Nachhaltigkeit im Franchising“ auch in Deutschland und der Schweiz intensiv diskutiert. Wie so oft folgen die europäischen Märkte damit dem US-Amerikanischen Markt nach, auf dem sich Greenfranchising bereits seit Jahren etabliert und durchgesetzt hat. Sowohl bei kleinen, als auch bei großen Franchiseunternehmen.
Nun wird von einzelnen Franchisegebern in Deutschland immer wieder die Frage gestellt, ob es sich beim Greenfranchising, wie bei der gesamten Nachhaltigkeitsdiskussion, nur um eine modische Randerscheinung handelt und ob Franchiseunternehmen nicht wichtigere Ziele zu verfolgen und Baustellen zu bearbeiten hätten.
Dazu erscheint mir eine Begriffsklärung dringend geboten. Was ist unter Nachhaltigkeit, bezogen auf die Marke, zu verstehen? Und, was kann Nachhaltigkeit als Markenwert für Franchisesysteme bedeuten?
Bedeutung
Nachhaltigkeit für Unternehmen, so der heutige Diskussionsstand, bedeutet die Verfolgung ökonomischer Ziele im wertschätzenden Einklang mit der sozialen und ökologischen Umwelt, und zwar derart, dass unser heutiges und zukünftiges Wohlergehen gesichert bleibt. Unsere Welt langfristig zu erhalten, sie „enkeltauglich“ zu machen, ist im Rahmen der aktuellen Klimaveränderungsdebatte das übergeordnete Ziel.
Nachhaltigkeit bedeutet die Ökonomie, den Sozialbereich und die Ökologie in Einklang zu bringen.
Ökonomie
Ein auf Wachstum ausgerichtetes Franchiseunternehmen muss sich marktgerecht verhalten, relevante Kundenbedürfnisse erkunden und heute sowie morgen mit Gewinn bringenden Produkten und Leistungen zeitgemäß und immer wieder neu befriedigen, dabei kostenmäßig so strukturiert sein, dass die Einnahmen immer wesentlich höher sind, als die Ausgaben – und zwar auf Dauer.
Soziales
Zugleich aber sollte es darauf achten, dass die Verträge, die Arbeitsbedingungen, der Umgang miteinander und die Bezahlung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, wie auch Zulieferer und Partner fair sind (keine unerlaubte Kameraüberwachung oder E-Mail-Kontrolle der Mitarbeitern, faire Arbeitszeiten, -bedingungen und -gehälter), dass es keine Kinderarbeit unterstützt (auch nicht in anderen Produktionsländern), dass keine Ausgrenzungen aufgrund des Geschlechts, der Religion oder aus sonstigen Gründen gefördert und unterstützt werden.
Ökologie
Unternehmen sind gefordert ihren gesamten Wertschöpfungsprozess auf Umweltverträglichkeit hin zu überprüfen und derart zu gestalten, dass der „Ökologische Fußabdruck“, also die negativen Auswirkungen auf die Umwelt, so gering wie möglich ausfallen.
Ganz persönlich fehlt mir in dieser Diskussion noch der vierte wichtige Wert, der unsere Welt heute und morgen nachhaltig in Balance hält, nämlich die Kultur.
Kultur
Unternehmen sollten sich so verhalten, dass sie die Kultur einzelner Länder und Bevölkerungsgruppen, wie auch Organisationen und Unternehmen (Partner) wertschätzend anerkennen, behandeln und wo immer möglich, auch fördern.
Nun werden Sie vielleicht denken „Ein schönes Manifest für eine bessere Welt“, aber leider kann ich mich mit meinem Franchiseunternehmen nur um den ersten Punkt, das Erreichen meiner ökonomischen Ziele, kümmern. Alles andere wäre schön, ist aber weder kostenmäßig, noch personell oder zeitlich für mich darstellbar und für meine Partner und deren Mitarbeiter unerreichbar.
Was sie dabei vielleicht übersehen, ist die Tatsache, dass wir heute nicht mehr von der Sandalen- und Jutetaschen-Ökologiebewegung sprechen, die diese Idealwelt propagiert.
Die neue Nachhaltigkeitswelle 2010 ist viel realistischer. Und, sie umfasst breite Bevölkerungsschichten, länder-, geschlechts- und altersübergreifend. Sie weiß von Unternehmenszwecken und –zielen. Sie weiß auch, dass Unternehmen Gewinn erwirtschaften müssen. Ihr kommt es auf das wie an. Und auf die eventuellen Folgen. Wer ihren Standpunkt und Blickwinkel teilt, wer wie sie denkt, handelt und kommuniziert wird von ihr mit Aufmerksamkeit, Zuwendung und Kauf belohnt. Wichtig ist, ob Franchiseunternehmen diese Entwicklung als für sich als relevant erkennen und nutzen können.
Wettbewerbsvorteil Nachhaltigkeit
Wer heute den Nachhaltigkeitstrend wachsam beobachtet, kann vielleicht schon morgen Veränderungen in seinem Unternehmen vornehmen, die ihn übermorgen an die Spitze einer neuen Nachfragewelle bringen, immer eine Nasenlänge voraus. Egal, wie groß das Unternehmen und die eigene Marke ist.
So wird Nachhaltigkeit zum Wettbewerbsvorteil, zur Profilierungsstrategie und zum Akquisitionsargument gegenüber Konkurrenten, Kunden und Partnern. Wenn sie authentisch, wahrhaftig und nachvollziehbar relevant ist, versteht sich. Nur scheinbar grünes Handeln, das so genannte Greenwashing, wird in der heutigen multimedial transparenten Zeit schnell als Pinocchioismus entlarvt und durch Kontakt- und Kaufverweigerung gnadenlos abgestraft.
Dass der Verzicht auf oder die Missachtung der Nachhaltigkeit Ausschlusskriterien sind und zu klar bezifferbaren wirtschaftlichen Nachteilen führen können, zeigen Beispiele aus den USA. Hier gibt es bereits profilierte Händler, die keine Ware mehr in ihr Sortiment aufnehmen, die nicht Bio zertifiziert ist. Der Anerkennungskampf der unterschiedlichen Zertifizierungsstellen für geprüftes nachhaltiges Engagement scheint auch bei uns diesen Trend zu belegen.
Einfluss auf die Markenbildung
Bezogen auf die Markenbildung für Franchisesysteme ist klarzustellen, dass Nachhaltigkeit zukünftig ein entscheidender, mess- und nachvollziehbarer, wenn auch nicht der einzig relevante Markenwert in der Markenpositionierung zukünftiger Leistungsangebote und Unternehmen sein wird. Hinzu kommen die besondere Qualität und der reale Kundennutzen in der Leistungskategorie, verbunden mit einer faszinierenden und einzigartigen Anziehungskraft. Nur so können Markenbilder aktuell attraktiv und langfristig tragfähig realisiert werden.
10.03.2010 ©copyright Bellone Franchise Consulting GmbH