Ratgeber & Podcast

für Franchisezentralen

Professionelles Partnermanagement im Franchising

Dieter Martius: Guten Morgen
aus Spanien an alle Chat-TeilnehmerInnen! Wir (meine Frau Waltraud und ich)
genießen eine Woche Sonne – ganz ohne Franchising geht das natürlich nicht! Ich
freue mich also auf Ihre Fragen zum Thema.

Leser: Hallo Herr Martius: Welche Kompetenzen
sollten innerhalb der Systemzentrale bereitgehalten bzw. welche können von außen
eingekauft werden?

Dieter Martius: Die Aufgaben der
Systemzentrale sind naturgemäß sehr vielfältig. Kernthema ist die Dokumentation
des gesamten Know-hows und – bezugnehmend auf das heutige Thema – auch die
Vermittlung und Umsetzung desselben. In welchem Ausmaß diese Aufgaben
wahrgenommen werden, ist abhängig vom Betriebstyp, primär Aufgabe und vor allem
Verantwortung der Zentrale.

Leser: Guten Morgen Herr Martius: Welche Art
und Intensität der Partnerbetreuung muss ein junges Franchisesystem von Beginn
an gewährleisten?

Dieter Martius: Gerade am Beginn
einer Franchise-Partnerschaft ist die Intensität der Betreuung groß. Und das ist
unabhängig vom “Alter” des Systems. Junge Systeme lernen selbst dazu, erkennen
Potenziale und optimieren ggfls. Prozesse.

Leser: Schönen guten Morgen nach Spanien:
Meine Aufgabe ist es, das bisher fehlende Berichtswesen einzuführen und für die
entsprechende Akzeptanz zu sorgen. Das ist nicht ganz profan, da in kleiner
Runde bisher auf Zuruf agiert wurde. Mit welchen Maßnahmen würden Sie starten?

Dieter Martius: Wir empfehlen für
die Dokumentation der Partnerbetreuung eigens entwickelte PM-Protokolle für die
professionelle Vor- und Nachbereitung. Wir haben bei SYNCON entsprechende
Vorlagen – normalerweise zum Kauf – wenn Sie mir eine Mail senden, schicke ich
Ihnen gerne unsere Vorschläge für ein PM Protokoll zu.

Leser: Sollten wir allen Franchise-Nehmern die
gleiche Betreuung zukommen lassen oder individuelle Unterschiede
berücksichtigen? Eine Ungleichbehandlung bei Betreuung oder Kontrolle könnte
gleichermaßen Irritationen im Kreis der Franchise-Nehmer verursachen.

Dieter Martius: Das ist eine sehr
gute und “spannende” Frage. Ich denke schon, dass es ok ist, wenn jede/r
Einzelne Partner individuell betreut wird – auch der Aufwand dafür darf
unterschiedlich sein. Achten Sie aber darauf, dass wirklich “schwache” bzw. sehr
fordernde PartnerInnen nicht zu sehr Ihre Betreuungskapazitäten binden.
(Vilfriedo Pareto lässt grüßen). Nur wenn die Betreuung Einzelner auf Kosten
Anderer geht und das bemerkbar wird, kann es “Irritationen” geben.

Leser: Danke, ich melde mich bei Ihnen nach
Ihrer Rückkehr. Wie sorge ich als Partnermanagerin für die Einhaltung der vom
Franchisegeber festgelegten und kommunizierten Qualitätsstandards?

Dieter Martius: Grundlage der
Qualitätssicherung in allen Belangen ist die ausführliche Grundausbildung der
neuen PartnerInnen. Da muss die Einsicht in die Notwendigkeit von QS-Maßnahmen
gelegt werden. Danach sollte ein Partnermanager primär als Coach der
Partnerinnen agieren und so die Qualitätsstandards sicherstellen bzw. dabei
unterstützen.

Leser: Ich möchte meine erste Frage doch noch
ergänzen: Mein Ziel ist es, das zu entwickelnde Berichtswesen schrittweise zu
integrieren, um letztlich über ein lückenloses Frühwarnsystem zu verfügen. Gibt
es auch dafür irgendwelche Vorbilder, an denen ich mich orientieren
könnte?

Dieter Martius: Berichte und
idealerweise Kennzahlen können bzw. sollten Basis für Ihr Systemcontrolling
sein. Die Parametrisierung der Kennzahlen ist die Herausforderung. Wichtig ist
es dabei, nicht nur betriebswirtschaftliche Zahlen zu benchmarken, sondern eben
auch Vertriebsaktivitäten und Faktoren wie Kunden- oder
Mitarbeiterzufriedenheit. Wir empfehlen dafür das Tool “MYCOCKPIT”. Hier können
tagesaktuell Entwicklungen erkannt werden.

Leser: Sollten die Schulungen der
Franchise-Nehmer von professionellen Trainern mit pädagogischen Hintergrund
durchgeführt werden?

Dieter Martius: Keine klare
Antwort. Die systemspezifischen Inhalte können und sollen vom “Mastermind”
geschult oder trainiert werden. Ich empfehle, sich dafür Unterstützung von
Profis einzuholen und sich als Trainer weiter zu bilden. (Train the Trainer)
oder sich auch coachen zu lassen. Als Verkaufstrainer (ich arbeite ja auch für
VBC) weiß ich, dass für vertriebliche Aspekte professionelle Trainerinnen mit
professionellen Trainingskonzepten sehr erfolgreich sein können.

Leser: Haben Sie für mich Anregungen, wie man
als Franchisegeber ein professionelles Wissensmanagement im System
aufbaut?

Dieter Martius: Dieses Thema wird
gerade in einer wissenschaftlichen Arbeit intensiv behandelt. SYNCON, die
Privatuniversität Seeburg und erfahrene Franchise-Geber haben darüber ein Buch
geschrieben – es wird im Herbst erscheinen. Soviel vorweg: Wissenstransfer und
vor allem Innovationsmanagement sind oder wurden bisher oft unterschätzt und zu
wenig beachtet.

Leser: Herr Martius, welche Aufgaben können
wir bei der Standortplanung guten Gewissens dem neuen Partner überlassen? Welche
Vor- und Nachteile bringt dies u.U. mit sich?

Dieter Martius: Diese Frage ist
sehr stark abhängig vom Betriebstyp. Stellen Sie sicher, dass Ihr Know-how den
wirtschaftlichen Erfolg der PartnerInnen ermöglicht. Wenn die Standortfrage
dabei eine entscheidende Rolle spielt, sollten Sie die Kriterien
“durchsetzen”.

Leser: Es geht mir auch um eine Formalisierung
der Zusammentreffen mit unseren Partnern, bei denen es bisher sehr zwanglos und
unverbindlich zuging. Wie würden Sie diese Umstellung in Angriff nehmen?

Dieter Martius: Antwort wie
vorhin: PM Protokolle oder Coachingbögen konsequent einsetzen – schon in der
Vorbereitung. Beide Seiten bereiten sich schriftlich vor, formulieren Ziele
etc..

Leser: Ich habe eine Frage, die uns auf den
Nägeln brennt und nicht wirklich zum heutigen Thema passt. Umso dankbarer wäre
ich für einen kurzen Hinweis: Welche Form der Altersabsicherung hat sich bei
Franchisenehmern bewährt? Kann eine entsprechende Absicherung von Franchisegeber
unterstützt werden?

Dieter Martius: Spezielle oder
zusätzliche Altersvorsorge ist in Franchise-Systemen eher untypisch. Die
gesetzlichen Sozialversicherungsleistungen reichen allerdings in der Regel nicht
mehr, um einen “ruhigen Lebensabend zu finanzieren. Wenn Sie Ihren PartnerInnen
mehr Sicherheit bieten wollen, organisieren Sie professionelle (externe)
Beratung und prüfen Sie ggfls. Angebote für Gruppen. Was öfter in Systemen
gemacht wird, ist die Installation eines “Notfall-Fonds”, wo PartnerInnen im
Fall von Krankheit oder Unfall unterstützt werden.

Leser: Unser ältester Partner tritt im Kreis
der Partner ausgesprochen selbstbewusst und dominant auf, was mit seiner
Persönlichkeit und seinem Erfahrungsvorsprungs zu tun haben dürfte. Haben Sie
aufgrund Ihrer Erfahrung vielleicht eine Idee, wie wir ihn in die
Weiterentwicklung einbinden können?

Dieter Martius: Das ist ein
“typisches” Verhalten und sehr herausfordernd. Führen Sie ein persönliches
Gespräch mit dem Partner und fragen Sie ihn, wie er sich bisher, jetzt und in
Zukunft sieht, welche Ziele er hat oder haben könnte und prüfen Sie, ob Sie das
in Einklang mit dem System bringen können.

Leser: Wie bindet die Systemzentrale ihre
Partner an sich, wenn sich der Wissensvorsprung mit der Dauer des Vertrages
verringert? Wäre es z.B. sinnvoll, die Gebühren für langjährige Partner zu
reduzieren?

Dieter Martius: Die Bindungskraft
sollte nicht nur aus dem Wissensvorsprung entstehen, sondern aus den
Synergieeffekten aller Bausteine Ihres Systems. Ich erkläre die Höhe der
Franchise-Gebühren gerne wie folgt: Ihre PartnerInnen müssen auch nach 5 und
mehr Jahren sagen: Gott sei Dank bezahle ich nur x Prozent Gebühren, denn
alleine könnte ich mir diese Leistungen nicht leisten. Oder: Ich verdiene mit
meinem Franchise-Geber mehr Geld als ohne ihn. Und bedenken Sie: Einer der
wichtigsten Bausteine ist auch die Weiterentwicklung eines Systems. Lieber da
mehr investieren als Gebühren zu reduzieren.

Leser: Wie häufig kann/sollte die
Systemzentrale mit ihren Franchise-Nehmern in Kontakt treten, ohne deren
Arbeitsablauf zu stören?

Dieter Martius: Ganz abhängig vom
Betriebstyp bzw. der Tätigkeit der PartnerInnen. Am Anfang mehr, später kann das
weniger sein. Fragen Sie Ihre PartnerInnen einfach.

Leser: Welche Argumente sprechen für und gegen
die Anmietung eines Ladenlokals durch den Franchise-Geber sowie die
Weitermietung an den Franchise-Partner?

Dieter Martius: Das ist eine
strategische Frage. Wenn Sie als System sicherstellen wollen, dass der Standort
bei Ihnen bleibt, ist die Anmietung oder der Kauf der Immobilie durch die
Systemzentrale sinnvoll. (Vergl. McDonald´s). Dadurch steigt Ihre Investition
und Risiko und der Partner ist dann Mieter / Pächter. ACHTUNG: In dieser
Konstellation werden z.B. in Österreich keine Förderungen für die PartnerInnen
gewährt.

Leser: Wir verfolgen eigentlich einen weniger
konfrontativen Ansatz. Wir würden diesen langjährigen Mitarbeiter gerne mit
besonderen Aufgaben und Kompetenzen ausstatten, um ihn in die Entwicklung
einzubinden. Momentan suchen wir nach geeigneten Feldern, daher meine
Frage.

Dieter Martius: Da habe ich mich
offensichtlich unklar ausgedrückt. Dieses Gespräch hat keinen konfrontativen
Charakter, sondern soll wertschätzend geführt werden. Die Idee: Der Mitarbeiter
(oder Franchise-Nehmer?) soll seine besonderen Aufgaben selbst finden und sich
seiner Kompetenzen selbst bewusst werden. Vertrauen Sie ihm und seinen
Fähigkeiten.

Leser: Für unsere Dienstleistung ist es
entscheidend, dass unseren Partnern alle notwendigen Informationen zum richtigen
Zeitpunkt zur Verfügung stehen. Bisher setzen wir dafür eine „selbstgestrickte“
Software ein, suchen aber aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit eine
professionellere Lösung. Haben Sie für mich zufällig einen Tipp?

Dieter Martius: JA – besuchen Sie
www.goalcampus.de. Ein modernes Tool für die interne Kommunikation. Wenden Sie
sich an Herrn Swania – mit freundlichen Grüßen von mir.

Leser: Welchen zeitlichen Aufwand würden Sie
für Anpassung, Schulung und Einführung einer solchen
Informationsmanagement-Software veranschlagen?

Dieter Martius: Das ist wirklich
schwer abzuschätzen. Voraussetzung ist u.a., dass das Know-how auf dem letzten
Stand ist. Besprechen Sie das mit den Experten von Goalcampus. Den aktuellen
Stand Ihrer Know-how-Dokumentation auch gerne mit uns von der SYNCON. Einige
Tage werden Sie schon investieren müssen.

Leser: Da habe ich Sie missverstanden, danke
für die Konkretisierung. Welche Vorfälle in Franchise-Systemen sind besonders
konflikthaltig und wie kann man ihnen vorbeugen beziehungsweise eine Eskalation
vermeiden?

Dieter Martius: Diese Frage kann
ich nicht generell beantworten. 2 Beispiele: Mangelnde Transparenz wie
“Sondervereinbarungen” mit einzelnen PartnerInnen oder Einkaufskonditionen der
Systemzentrale, die nicht offen gelegt werden. Allgemein gilt: Gute
Kommunikation, regelmäßige Treffen (ERFA und Tagungen). Lesen Sie dazu auch
“Fairplay Franchising”, das Buch meiner Frau.

Leser: Beratungsleistungen sind häufig von der
Persönlichkeit des jeweiligen Beraters abhängig. Steht dies einer
Franchise-Vergabe im Wege? Inwieweit kann dies trainiert werden?

Dieter Martius: Ich verstehe die
Frage nicht ganz. Bitte konkretisieren.

Leser: Gibt es weitere spezifische
Anforderungen für das Dienstleistungsfranchising im B2B-Bereich?

Dieter Martius: Die Erarbeitung
eines konkreten Anforderungsprofils für potenzielle Franchise-Nehmer ist immens
wichtig und komplex. Das gilt für alle Betriebstypen und ist stark verbunden mit
der Erfahrung des Systems bzw. der Pilotierung.

Leser: Sehen Sie im Dienstleistungssektor
prinzipiell einen geringeren Wettbewerbsdruck als im Handel, da er von der
Digitalisierung weniger betroffen ist?

Dieter Martius: Abhängig von der
Branche – aber generell unterliegt der Handel aktuell einem größeren Druck. Umso
wichtiger ist die Entwicklung und Kommunikation echter USP´s. Außerdem braucht
es professionelle Konzepte, um online- und lokalen Handel sinnvoll zu
verbinden.

Leser: Mich würde als Franchise-Laie
interessieren, aus welchen Komponenten man ein professionelles Leistungspaket
für seine Partner im B2B-Bereich entwickelt.

Dieter Martius: Ein
Franchise-Leistungspaket besteht in der Regel aus rund 45-50 Bausteinen –
unabhängig von der Branche. Sie können sich ein Muster-Franchise-Paket auf
www.syncon.de ansehen. Die detaillierte Erarbeitung eines Franchise-Paketes ist
Inhalt des “Franchise-Strategieworkshops” mit SYNCON und dauert einen Tag.
Danach beginnt erst die “richtige Arbeit” – sprich die Erstellung der
Know-how-Dokumentation.

Leser: Ich wollte Sie nach Ihrer Einschätzung
fragen, ob Beratungsleistungen im B2B-Bereich überhaupt erfolgreich franchisiert
werden können, wenn diese Dienstleistung stark von der Persönlichkeit des
Beraters abhängt.

Dieter Martius: OK – jetzt habe
ich erstanden. JA – auch Beratungsleistungen können franchisiert werden. Die
Herausforderung besteht oft schon am Anfang, wenn man “seine Persönlichkeit” als
Franchise-Geber “neutralisieren” soll. Wenn dies nicht gelingt, ist die Frage
berechtigt, ob es Sinn macht. Das es funktionieren kann, zeigt VBC
(www.vbc.biz).Noch ein Tipp: Unsere Franchise-Eignungsanalyse downloaden unter:
www.fairplay-franchising.com.

Leser: Wann sollte bei einem Konflikt mit dem
Partner der außergerichtlichen Konfliktlösung der Vorzug gegenüber einem
Gerichtsverfahren gegeben werden? Und in welchen Fällen sollte einem internen
bzw. externen Mediator der Vorzug gegeben werden?

Dieter Martius: Klare Empfehlung:
Immer versuchen, außergerichtlich zu einer Einigung zu kommen. Sonst wird es für
beide Seiten teuer und schadet dem System und dem Franchising allgemein. Wenn
Mediatoren helfen können – ja – eher externe. Beide Seiten müssen den Mediator
akzeptieren.

Leser: Sollte im Franchise-Vertrag vereinbart
werden, dass eine Konfliktlösung mittels Mediation immer Vorrang hat? Was
passiert, wenn eine Partei die Mediation trotzdem ablehnt?

Dieter Martius: Ja – sollte im
Vertrag so geregelt sein. Wenn eine Partei allerdings ablehnt, kann man dagegen
nichts machen. Dann entweder eine Einigung direkt verhandeln oder im schlimmsten
Fall gerichtlich lösen. In solchen Fällen immer gleich einen Rechtsanwalt mit
einbeziehen.

Dieter Martius: Werte
Teilnehmerinnen! Vielen Dank für Ihre Fragen und Ihr Interesse. Besuchen Sie
unsere informative neue Website www.syncon.de / www.syncon.at. Ich wünsche Ihnen
ein schönes Wochenende und viel Freude und Erfolg bei Ihrem Franchise-Projekt!
Herzliche Grüße – Wolf-Dieter Martius

Dieter Martius
SYNCON International Franchise Consultants
Ausbildung und Berufserfahrung: – Matura – Lehramtsprüfung für Hauptschule (Englisch und Musikerziehung) – Drei Jahre Tätigkeit als Lehrer Vertriebserfahrung: – mehrere Jahre im Yacht-Verkauf und -Charter im In- und Ausland, u.a. beim größten Yacht-Händler Europas, Fa. Boote Feichtner in Linz. – Drei Jahre in BRD erfolgreich als Pharma- und Klinikreferent für die Firmen Lipha und […]

Erhalten Sie Experten-Knowhow im Newsletter!