Social Franchising im deutschsprachigen Raum: Quo Vadis?
Während sich im kommerziellen Franchise-Sektor seit vielen Jahren eine Reihe von Untersuchungen und wissenschaftlichen Arbeiten mit unterschiedlichen Fragestellungen zum Franchising auseinandersetzen, bleibt Social Franchising im deutschsprachigen Raum bislang ein von Forschern und Beratern weitgehend unerforschtes ‚Neuland‘.
Im Rahmen des österreichischen Marktforschungs-Kooperationsprojektes ‘WERT & Co.‘, das im Jahr 2013 von Franchise-Beratung Dr. Erika Bernardi-Glatz und Dr. Angerer Marketing etabliert wurde, wurden bislang drei WERT & Co. Franchise-Studien durchgeführt.
Die Ergebnisse der beiden ersten Untersuchungen basieren auf Aussagen von Franchise-Gebern und deren Franchise-Nehmern im kommerziellen Franchise-Sektor Österreichs. Ein Digitalfolder mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse kann unter www.dbg.at kostenlos angefordert werden.
Mit der dritten WERT & Co. Franchise-Studie ging Erika Bernardi-Glatz im Jahr 2015 der Frage zum Status Quo sowie zur erwarteten zukünftigen Entwicklung des Franchising im Sozialbereich (auch als Social Franchising bezeichnet) nach. Über einen Zeitraum von rund 6 Monaten erfolgten teils persönliche, teils schriftliche Interviews sowie eine abschließende Online-Befragung. Es konnten rund 90 Expertenmeinungen sowie Stellungnahmen von Vertretern von Social Franchise- und sonstigen kooperativen Systemen im Social Business Segment Österreichs, Deutschlands und der Schweiz in den Ergebnissen berücksichtigt werden. Eine Gegenüberstellung ist nicht nur mit ausgewählten Untersuchungsergebnissen im kommerziellen Franchise-Sektor Österreichs möglich. Die Ergebnisse der Social Franchisestudie ermöglichen in Teilaspekten auch einen Ländervergleich zwischen Deutschland und Österreich.
Mit der WERT & Co. Social Franchisestudie 2015 wurden mehrere Zielsetzungen verfolgt:
- Fundierte quantitative Einschätzung des Social Franchise-Segments in Österreich auf der Basis von öffentlich zugänglichem Adressmaterial.
- Erhebung von Expertenmeinungen zum Status Quo und zur Einschätzung der zukünftigen Entwicklung des Social Franchising (Expertenbefragung in Österreich, Deutschland und der Schweiz).
- Erhebung von Systemeinschätzungen zu den Chancen, Risiken und Erfolgsfaktoren des Social Franchising (persönliche Interviews mit Vertretern von Social Franchise- und sonstigen Kooperationssystemen in Österreich und Deutschland).
- Abschließende Onlinebefragung zu den bis zu diesem Zeitpunkt gewonnenen Teilergebnissen (Onlinebefragung von bestehenden oder sich in Planung befindlichen Social Franchise-Systemen in Österreich und Deutschland).
- Vergleich der Beurteilung von ausgewählten Erfolgskriterien (Social Franchise-Segment versus kommerzielles Franchise-Segment, Gegenüberstellung von WERT & Co. Studienergebnissen 2013, 2014 und 2015).
- Ableitung von Handlungsempfehlungen für bestehende und zukünftige Social Franchise-Projekte in Österreich.
Ausgewählte WERT & Co. Studienergebnisse zum Status Quo und zur zukünftigen Entwicklung des Social Franchising.
Social Franchising beschreibt ein Kooperationsmodell für erfolgreiche Projekte im Sozialbereich, wo vordergründig die Ziele Gemeinwohl und sozialer Nutzen verfolgt werden. Als eine von mehreren möglichen Alternativen der Replizierung zur Wirkungssteigerung kann Social Franchising in unterschiedlichen Erscheinungsformen nach der Idee des kommerziellen Franchising zur Umsetzung gelangen.
Gegenwärtig ist Social Franchising in Form eines praxiserprobten Kooperationsmodells noch selten anzutreffen.
Der österreichische Social Franchise-Sektor umfasst im Untersuchungszeitraum 2015 höchstens 10 Systeme, die sich auch selbst als ein Social Franchise-System bezeichnen möchten. Ihr Herkunftsland ist großteils Deutschland, wie beispielsweise im Fall ‚wellcome‘. Als das bekannteste Social Franchise-System österreichischer Herkunft gilt das Sozialunternehmen ‚atempo‘ mit seinem Franchise-Konzept ‚capito‘.
Während unter den Befragten in Österreich weitgehende Einigkeit herrscht hinsichtlich der Einschätzung der genannten Größe des österreichischen Social-Franchise-Sektors, wird die Größe dieses Segments in Deutschland von den Studienteilnehmern aus Deutschland unterschiedlich beziffert. Die genannten Aussagen liegen zwar vielfach in einer Bandbreite zwischen rund einem Dutzend und maximal 20 aktiven Social Franchise-Systemen. Einige Befragte schätzen das Segment allerdings als weit größer ein, sie verweisen jedoch zugleich auf die Zuordnungsproblematik und verzichten daher auch auf konkrete Zahlenangaben.
Das zukünftige Entwicklungspotenzial des Social Franchise-Segments wird differenziert gesehen.
Einerseits herrscht unter den befragten Experten weitgehende Einigkeit darüber, dass zumindest mittel- bis langfristig mit hohen Wachstumsraten gerechnet werden kann, dies allerdings u.a. in Abhängigkeit von der zukünftigen Entwicklung des gesamten Social Business-Sektors des jeweiligen Landes. Die befragten Vertreter der rund 70 Sozialunternehmen vertreten andererseits uneinheitliche Meinungen und erachten die zukünftige Entwicklung vielfach weniger positiv im Vergleich zu den befragten Experten – dies sowohl in Österreich, als auch in Deutschland. Viele Aspekte im Franchising werden zwar als gut und vorteilhaft erachtet und werden teilweise auch umgesetzt in jenen Systemen, die sich selbst nicht als Franchise-System bezeichnen möchten. Zu den wesentlichen Gründen, die jedoch aus heutiger Sicht die Entwicklung des Social Franchising erschweren, zählen Systemvertreter vielfach die Schwierigkeit der Finanzierung. Sie nennen hierbei nicht nur die Hürden im Fall anfänglich erforderlicher Strukturmaßnahmen (wie u.a. die Entwicklung von Franchise-Vertrag und Franchise-Handbuch). Auch die Finanzierbarkeit der späteren Systemexpansion wird vielfach in Frage gestellt. Einige Systemvertreter sprechen zudem von einem Akzeptanzproblem des Franchising kommerzieller Prägung im Sozialbereich, das ihrer Meinung nach die Verbreitung des Social Franchise-Gedankens nicht unwesentlich erschwere. Sie wollen sich auch deshalb nicht als Social Franchise-System verstehen, obwohl sie nach eigener Aussage Merkmale des Franchising umsetzen.
Rose Volz-Schmidt, WERT & Co. Interview-Partnerin, Gründerin und Geschäftsführerin des Social Franchise-Systems wellcome:
“Eine der größten Herausforderungen im Social Business liegt aus meiner Erfahrung in der Skalierung eines erfolgreichen lokalen Projektes, ohne dass die Qualität der sozialen Leistung darunter leidet. Die Qualitätslatte ist sowohl bei der Konzeption eines Franchise-Modells, als auch in der laufenden Umsetzung daher auch sehr hoch zu legen. Zudem sind aus meiner Sicht viele Erfolgsfaktoren im Social Franchising mit jenen des kommerziellen Franchising vergleichbar. Ein genügend großer Markt für die Dienstleistung und/oder das Produkt, sowie ebenso ein genügend großer Markt geeigneter Franchise-Partner sind auch für den Social Franchise-Erfolg vorausgesetzt. 2002 als Projekt von mir in Hamburg gestartet, ist aus ‚wellcome‘ bis heute ein Sozialunternehmen mit mehr als 250 Standorten entstanden. Unser Angebot ‚Praktische Hilfe nach der Geburt‘, mit dem wir Familien von Anfang an helfen, wird nach unserem Social Franchise-Modell mittlerweile nicht nur in Deutschland verbreitet, sondern auch in Österreich gemeinsam mit der Master-Franchise-Nehmerin Caritas Wien, wie ebenso auch in der Schweiz. Wir beobachten laufend den gesellschaftlichen Wandel, entwickeln innovative Angebote und entwickeln uns damit auch selbst laufend weiter. Zivilgesellschaftliches Engagement und eine professionelle fachliche Begleitung gehen dabei partnerschaftlich Hand in Hand.”
Beratungskooperation im Social Business-Sektor Österreichs.
Franchise-Beraterin Erika Bernardi-Glatz und die Social Franchise-Expertin Rose Volz-Schmidt bündeln seit 2016 ihr Know-how in Beratungs-Projekten. Ihr Angebot richtet sich an Social Businesses und an soziale Einrichtungen in Österreich, die sich mit dem Gedanken der Verbreitung ihrer bereits er-folgreich etablierten Sozialprojekte auseinandersetzen und hierbei Franchising in Betracht ziehen. Rose Volz-Schmidt bringt dazu nicht nur ihre langjährige Erfahrung als Gründerin und Geschäftsführerin von wellcome ein, sondern auch als Supervisorin und als Beraterin bei der Entwicklung sozialer Einrichtungen und Strukturen. Sie wurde mehrfach für die von ihr entwickelte Initiative und für das Geschäftsmodell von wellcome geehrt, auch wellcome als Organisation wurde bereits vielfach ausgezeichnet.
Erika Bernardi-Glatz bringt 20 Jahre Franchise-Beratungserfahrung im kommerziellen Franchise-Sektor in das Kooperationsprojekt ein. Bitte richten Sie etwaige Anfragen in Österreich an Franchise-Beratung Dr. Erika Bernardi-Glatz, office@dbg.at, www.dbg.at. Weitere ausgewählte Ergebnisse der WERT & Co. Social Franchisestudie 2015 finden sich in einer 5-teiligen Blogserie unter www.dbg.at/blog.