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für Franchisezentralen

Von einem, der auszog, sein Geschäftskonzept zu verbreiten…

Die Gebrüder Grimm verfassten das berühmte Märchen „Von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen“. Bei der Internationalisierung eines Geschäftskonzeptes kann das durchaus auch passieren. Der folgende Artikel geht in kurzer Form auf wichtige Voraussetzungen bei der grenzüberschreitenden Expansion ein.

Globalisierung mag für viele ein „Reizwort“ geworden sein. Im Franchise-Business gehört das „Grow Globally“ bereits in der Planungsphase zu den eher „reizvollen“ Eckpunkten, da es die Wirtschaftlichkeit des Systems entscheidend beeinflusst. Die Verantwortung, mit dem Franchise-Konzept in fremde Märkte vorzudringen, wird jedoch vielfach unterschätzt. Die Verlockung, die in der scheinbar „einmaligen Konzipierung und x-fachen Multiplizierung“ liegt, verführt oft dazu, viel zu früh zu expandieren. Meist bevor eine solide Basis aufgebaut wurde, von der aus man auch wichtige Informationen als Franchise-Geber/in an eine/n avisierte/n Landespartner/in weitergeben kann.

Verlockende Zahlen
Laut der Zeitschrift „Franchising World“ (März 2011) ist das Wachstum des Franchising weltweit und insbesondere in den Schwellenländern beeindruckend. Sei es in Indien, wo von Wachstumsraten um die 30 % gesprochen wird mit geradezu traumhaften Umsätzen im Beauty-, Wellness- und Fitnessbereich. Oder Brasilien, wo der Franchise-Sektor um ca. 15 % zugelegt hat. Hier ist es vor allem der Modebereich mit Accessoires, Textilien und Schuhen, der vorne liegt. Vietnam mit einem jährlichen Franchise-Wachstum um die 30 %  hat heute bereits mehr als 530 Systeme auf dem Markt, wobei gerade die Gastronomie, Supermarkt- und Einzelhandelskonzepte am gefragstesten sind. China und Osteuropa, allesamt Märkte, die nicht nur interessant für etablierte Systeme, sondern auch für junge Franchise-Systeme im Dienstleistungs-, Retail- und Handwerksbereich sind. Nur liegt genau da die Crux an der Sache. Entweder auf direkte Anfragen oder Verheissungen, geraten Franchise-Geber/innen in vermeintlichen Zugzwang, schnell expandieren zu müssen – bevor es ein Mitbewerber tut. Die Folgen sind oftmals herbe Rückschläge, wenn nicht gar das Aus für die Unternehmung. Die kulturellen Unterschiede sind frappand, nicht nur die sprachlichen, sozialen, rechtlichen und formalen. Es sind auch die vielen Gepflogenheiten, Rituale und Wertsysteme, die in vielen Ländern stark divergieren.

Kulturbotschafter finden
Die grossen Aufgaben bestehen unter anderem darin, über die Anpassung des Systeminhaltes an die neuen Marktbedingungen zu entscheiden und die „richtigen Kulturbotschafter“ zu finden. Fangen wir mit Letzteren an. Wer kann Ihr Franchise-Angebot am adäquatesten im Ausland vertreten? Kann es überhaupt eine Person sein oder muss es eine Unternehmung sein, die bereits über Standorte und genügend Finanz-Power verfügt? Lässt sich Ihr Konzept per Direktfranchising im neuen Markt realisieren? Das heisst mit ausländischen Regionalpartnern umsetzen, die von Ihrer Ursprungs-Systemzentrale aus akquiriert sowie betreut werden und das kontinuierlich zu realistischen Gebühren? Oder muss es ein Masterpartner sein, der die Landesrechte erwirbt oder zumindest Teile davon? Geht es margentechnisch auf, dass Ihr Leistungs- wie Franchise-Angebot dann einen zusätzlichen „Zwischenhandel“ hat? Welche Qualitäten können und müssen die jeweiligen Landespartner/innen als „Kulturbotschafter“ Ihres Systems und Ihrer Branche einbringen? Und, „Kulturbotschafter“ ist sowohl wörtlich wie im übertragenen Sinne gemeint. Wer kann sich mit Ihren Markenwerten so identifizieren, dass der Sinngehalt und die Spezialität Ihres Angebotes nicht verloren gehen und doch marktübliche Anpassungen erfolgen? So haben wir bei der Expansion eines schweizerischen Gastronomiekonzeptes ins Ausland darauf geachtet, Partner zu finden, die einen Bezug zu der Ursprungsregion des Konzeptes haben und die Klientel kennen, die vor allem die Gäste darstellen. Die sich mit den Bräuchen der Schweiz vertraut machen und über die Ausbildung hinaus mehr wissen wollen. Die aber auch sehen, dass sie nicht wie in der Schweiz nur Mittags- und Abendmenues anbieten können, sondern dass gemeinsam kleinere Zwischenmahlzeiten gemäss der Markenkonzeption kreiert werden müssen.

Ein paar Tipps vor dem Aufbruch
Sind genügend Erfahrungen vorhanden, um im Falle der Expansion über einen Masterpartner, diese verbrieft weiterzugeben? Immerhin muss dieser Vorstellungen erhalten, wie er oder sie das Netzwerk als Franchise-Geber/in im eigenen Land aufzubauen hat.
Sind Sie sich der zwingend zu erhaltenen Werte und Inhalte in Ihrem System bewusst und sind Sie willens bei den „weichen Faktoren“ landesübliche Anpassungen vorzunehmen?
Sind Ihre finanziellen Mittel ausreichend, um mit dem Expansionsvorhaben gesund mitwachsen zu können?

Internationale Verhandlungen dauern naturgemäss – schon aufgrund rechtlicher Prüfungen und der besagten Adaptionen –  länger. Haben Sie die dafür benötigte Zeit und Geduld?
Noch mehr zu diesem Thema finden Sie auch in unserem „Praxisbuch Franchising“, Veronika Bellone & Thomas Matla, erschienen im mi-Verlag www.mi-wirtschaftsbuch.de.

Zur Person
Prof. Veronika Bellone, gebürtige Berlinerin, ist seit 1986 im Franchise-Business tätig, ehemals als Franchisemanagerin bei der Cosy-Wasch-Autowaschanlagen GmbH in Berlin und seit 1991 als selbstständige Franchiseberaterin in der Schweiz. Sie hat u.a. die Schweizer Post, Mövenpick, Fleurop, Warner Bros. und die Berliner Bäder Betriebe beraten. Zudem ist sie Professorin an der Hochschule für Wirtschaft Nordwestschweiz im Fachbereich Marketing. 2009 startet sie mit der Bellone FRANCHISE CONSULTING GmbH, mit einem relevant erweiterten Leistungsspektrum für den gesamten deutschsprachigen Raum, neu durch. In Zusammenarbeit mit dem Brand Consultant Thomas Matla, einem Spezialisten für den Aufbau nationaler und internationaler Marken, bietet Bellone FRANCHISE CONSULTING Beratungen, Coachings und Workshops rund um das Thema Franchising – von der Trend Analyse, über die Markenpositionierung, bis zur Implementierung von Franchise Systemen im Markt.
office@bellone-franchise.com; www.bellone-franchise.com; Bellone FRANCHISE CONSULTING GmbH, Poststrasse 24/ Postfach 1355, CH-6300 Zug, Tel. 0041 41 712 22 -11 Fax -10

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Prof. Veronika Bellone
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Bellone FRANCHISE CONSULTING GmbH

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